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Über Blut philosophieren

Von Francesco Campagner

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Über gute Filme lässt es sich trefflich streiten, über schlechte noch besser - speziell dann, wenn die PR-Maschinerie der Filmindustrie auf Hochtouren läuft, um uns einzureden, dass man einen Film unbedingt gesehen haben muss. Derzeit wird uns dies mit Mel Gibsons Bibel-Epos "Die Passion Christi" tagtäglich vorexerziert. Gerade in solchen Augenblicken fällt es schmerzlich auf, dass der ORF über kein seriöses Kino-magazin mehr verfügt. "Trailer" hat schon längst das Zeitliche gesegnet, und die neu in den Kinos anlaufenden Filme werden nun kunterbunt auf allen möglichen und unmöglichen Programmplätzen - meist unkritisch - vorgestellt.

Mel Gibsons Werk ist folglich seit Tagen in diversen ORF-Sendungen Thema, am Dienstagabend war ihm ein "philosophicum" ("Von Golgotha nach Hollywood: Mit Jesus leiden?") in ORF 2 gewidmet. Wie es dieser Sendung geziemt, waren Theologen am Wort, doch hätte dem Gespräch die Teilnahme einiger "unbelasteter" Gäste gut getan, denn schließlich wurde der Film trotz publicity-gerechter Voraufführung im Vatikan für ein theologisch nicht vorgebildetes Publikum gedreht.

Drei der vier Gäste waren sich somit in einer doch erstaunlich hitzigen Diskussion einig, dass in dem Machwerk keine christliche Heilsbotschaft vermittelt, sondern nur dem Blut-Fetischismus gefrönt wird. Wie es sich für Diskussionen dieser Art gehört, gab es aber einen kirchlichen advocatus diaboli, der das Leid durchaus freudig sah. So geriet der Film im ORF doch noch in eine Kontroverse.