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Wieso sich Investoren dafür interessieren sollten, was in Asien auf den Tisch kommt
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Tempora mutantur - das ist nichts Neues, das wussten schon die sprichwörtlichen "alten Römer" und Bob Dylan. Aber mit der Zunahme der Informationsgeschwindigkeit müssen sich vor allem langfristig orientierte Kapitalmarktanleger mit Trends befassen, die sie oberflächlich gesehen nur peripher tangieren.
Die Essgepflogenheiten in Asien passen sich immer mehr denen in der westlichen Welt an: mehr Fleisch, mehr Fett, mehr Zucker - und diese Kombination findet sich nicht selten in einem Weizengebäck. Und das ist einer jener Gründe, warum China im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg aus den USA Getreide importiert hat.
Auch Reis wird in dem Land, in dem die Bevölkerung weiter wächst, immer wieder knapp. Aber da können auch die USA nur bedingt helfen, denn bei ihnen werden die Agrarnutzflächen knapp und auch Experimente mit genetisch manipuliertem Saatgut konnten die Produktion nicht signifikant steigern.
Der Hunger Chinas und anderer schnell wachsender asiatischer Länder ist also ein wichtiger Treiber für die langfristige Preisentwicklung von"soft commodities", verderblichen Rohstoffen.
Allerdings muss man - wie immer bei Nachrichten über Preisentwicklungen - aufpassen, dass einige Reportagen den Markt beeinflussen und einige Einkaufsentscheidungen von Ländern auch politisch motiviert sein können. Aber der Langzeittrend ist in jedem Fall intakt.
Die wachsende asiatische Bevölkerung braucht aber aufgrund der voranschreitenden Urbanisierung auch mehr Infrastruktur und Wohnmöglichkeiten, aber mit steigendem Einkommen auch mehr Computer und andere technische Geräte. Die Rohstoffe für solche Projekte und Produkte sind auch nicht alle auf dem eigenen Kontinent vorhanden. So ist China einer der größten Importeure von Kupfer, Eisenerz und Kohle. Um hier von den USA unabhängiger zu sein, tätigt China derzeit in Afrika enorme Investitionen, um Minen nutzbar zu machen.
Gleichzeitig sitzt China auf einer der größten Vorkommen von "Rare Earth"-Metallen, also jenen Rohstoffen, die erst durch die Elektronik und hier vor allem die Mobilfunk- und Computertechnologie wirklich an Wert gewonnen haben. Die USA wittern hier eine preistreibende Politik Chinas, das die Ausfuhr dieser speziellen Rohstoffe zurückgefahren hat. Die EU, die USA und Japan überlegen eine Klage bei der Welthandelsorganisation.
Die große Frage für Investoren ist: Wer wird den Kampf um die wirtschaftliche Vormachtstellung gewinnen? Setzt man auf die asiatischen Märkte, die heuer wahrscheinlich um rund acht Prozent wachsen werden, oder bleibt man den USA und anderen westlichen Märkten treu, für die rund zwei Prozent Wachstum prognostiziert werden?
Jedenfalls ist es für Investoren wichtiger denn je, sich selbst ein Bild von politischen, ökonomischen und sozialen Zusammenhängen zu machen und nur Anlagen zu tätigen, von denen man selbst überzeugt ist. Denn gerade wenn es um größere politische Zusammenhänge geht, wundert man sich manchmal über die Naivität mancher Fondsmanager, die entweder aus wirklicher Überzeugung heraus entsteht oder aber, um Anleger für bestimmte Projekte zu gewinnen.
"Nigeria ist ein politisch stabiles Land mit enormen Investmentmöglichkeiten", heißt es etwa. Oder: "Tibet geht es in Wirklichkeit unter Chinas Herrschaft wirtschaftlich viel besser" und "Lateinamerika kann völlig unabhängig von den USA entscheiden, ob es China mit Rohstoffen versorgt".
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.