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Über der Slowenien AG ziehen dunkle Wolken auf

Von Igor Bergant

Wirtschaft

Brüssel wird auf Sonderfall Slowenien aufmerksam. | KBC beschwert sich über Regierung in Laibach. | Ljubljana. (dpa) Die Verfechter der einstigen "Deutschland AG" dürften mit Wehmut über die Grenze zum kleinen EU-Mitgliedsland Slowenien schauen. Dort sind die Verflechtungen der großen Unternehmen untereinander selbst in Zeiten der Globalisierung noch intakt.


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Obwohl auch in Slowenien Anfang nächsten Jahres der heimische Tolar durch den Euro als Zahlungsmittel ersetzt wird, konnte die "Slowenien AG" bisher ausländische Investoren weitgehend vom Standort fern halten. Ein Sonderfall ist das Land mit seinen rund zwei Millionen Einwohnern auch deshalb, weil die Slowenien AG maßgeblich von der Regierung kontrolliert wird.

Bisher wenig beachtet, dürfte Sloweniens Wirtschaftsstruktur künftig aber mehr ins Rampenlicht rücken. Denn Brüssel ist insbesondere durch den Aufsehen erregenden Rückzug der belgischen Finanzgruppe KBC aus der größten slowenischen Bank Nova Ljubljanska banka (NLB) auf den Sonderfall Slowenien aufmerksam geworden. KBC-Chef Andre Bergen hatte sich kürzlich - ungewöhnlich undiplomatisch für einen Banker - über die slowenische Regierung beschwert. Diese verhindere entgegen allen Absprachen, dass KBC seinen Anteil an der Bank von heute 34 Prozent erhöhen könne, sagte er im Fernsehen.

Wirtschaft unter heimischer Kontrolle

Finanzminister Andrej Bajuk, früher ein vehementer Befürworter ausländischer Investitionen in seiner Heimat, nannte unumwunden klar die Ziele seiner Unternehmenspolitik, nach der die wichtigen Wirtschaftszweige unter heimischer Kontrolle bleiben sollen. "Das slowenische Kapital und nicht unbedingt der Staat" müsse mindestens 51 Prozent an der NLB behalten, weil sie mit 40 Prozent Marktanteil für die nationale Wirtschaftspolitik zu wichtig sei, sagte er. Dies schreckte auch den zweiten nicht-slowenische NLB-Teilhaber ab, der nun dem Schritt der Belgier folgt: Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) gibt ebenfalls ihren Fünf-Prozent-Anteil an NLB ab. Der slowenische Staat mischt die Karten in allen großen Unternehmen des Landes, direkt oder indirekt. So ist die Telekom staatlich. Sie soll Ende September dieses Jahres an die Börse gebracht werden, berichtet das Wochenmagazin "Demokracija" nach einem Gespräch mit dem Wirtschaftsminister Matjaz Jansa. Bis Ende des Jahres 2007 sollen 30 Prozent des Unternehmens verkauft werden.

Die slowenische Telekom ist auch Alleineigentümer am größten Mobilfunkbetreiber Mobitel, der 70 Prozent Marktanteil hält sowie am größten Internetanbieter (SiOL). Auch an der zweitgrößten Bank (NKBM) hält die Regierung die Mehrheit. Die Großbrauerei Pivovarna Lasko, der Mineralwasserproduzent Radenska, die Mineralölfirma Petrol, der Dienstleister Istrabenz und der Handelsriese Mercator sind untereinander verwoben - stets mit entscheidendem Staatseinfluss.

Die Verflechtungen haben auch auf die Medien übergegriffen. Über schwer durchschaubare Verschachtelungen hat die Brauerei Lasko nicht nur die Kontrolle bei Merkator erhalten, sondern auch die Kontrolle über 70 Prozent des Marktes für Tageszeitungen. Einbezogen ist dabei die wichtigste Zeitung des Landes "Delo". Bekannt für ihre unbequemen Journalisten wurde sie mit einem Kraftakt diesem System einverleibt.

Politischer Einfluss auf die Postenbesetzung

Durch die Personalpolitik der Regierung wird die Slowenien AG gestützt. Der Dienstleister Istrabenz wird beispielsweise vom früheren Innenminister Igor Bavcar geleitet, einem engen politischen Weggefährten von Ministerpräsident Janez Jansa. Beim zentralen Unternehmen Pivovarna Lasko hat Bosko Srot als Generalmanager das Sagen. Sein Bruder ist Bürgermeister der drittgrößten Stadt Celje und Mitglied der Volkspartei, die zur Regierungskoalition gehört.