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Über die Flat Tax sollte man doch reden

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Der schrankenlose Schengen-Raum wächst auf 24 europäische Staaten. Lohnabhängige | Arbeit geht dagegen selten auf Reisen - sie bleibt im Griff der nationalen | Steuereintreiber. | Der Termin der Steuerreform 2010 rückt näher. Außer pauschalen Ankündigungen, dass die mittleren Einkommen entlastet werden - "massiv", verspricht Finanzminister Wilhelm Molterer -, ist von der Methode nicht viel zu hören. Tarifsenkungen werden die einseitig auf Arbeitseinkommen lastenden Steuern wiederum nur kurzzeitig lindern. Und zum Ausgleich lassen sich neue Steuern erfinden - von der Vermögenssteuer bis zu ökologisch motivierten Abgaben reicht die Bandbreite.


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Die EU bietet wenig Orientierung. Auch nach dem neuen Reformvertrag müssten alle Steuerbeschlüsse einstimmig fallen, also geschieht nichts zur Harmonisierung. Die Steuerhoheit bleibt bei den souveränen Nationalstaaten.

In diesen sieht es bunt aus. Da inzwischen schon fünf der neuen EU-Staaten die Flat Tax eingeführt und offenbar Erfolg damit haben, ist es erstaunlich, dass dieses Thema in Österreich nicht ernsthaft diskutiert wird. Denn was bisher dazu von der ÖVP kam, wäre bestenfalls eine Flat Tax für Unternehmer, aber nicht für die Masse der Einkommensbezieher.

Wahrscheinlich ginge sich eine grundsätzliche Wende in der Steuerpolitik bis 2010 auch gar nicht aus. Das ist aber kein Grund, nicht darüber zu reden, dass die gleichmäßig niedrige Besteuerung aller Einkünfte physischer wie juristischer Personen - in der Slowakei beträgt dieser Einheitssatz 19 Prozent - viele Probleme beseitigt, die in Österreich seit Jahrzehnten beklagt werden: einseitige Belastung der Arbeitseinkommen, eine undurchschaubare und aufgeblähte Steueradministration sowie eine zunehmende Flucht in die Schwarzarbeit.

Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller führte bei einem Seminar des Europäischen Forums Alpbach in der Oesterreichischen Nationalbank vor, dass in den "alten" EU-Staaten die Arbeitseinkommen durchwegs progressiv besteuert werden, während Kapitaleinkünfte davon weitgehend verschont bleiben. Geld kann nämlich flüchten, Jobs normalerweise nicht. Höchst auffallend: Der Anteil der lohnsummenbezogenen Abgaben nimmt in der EU-15 zumeist ab, in Österreich hingegen steigt er. "Es zeigt sich, dass in Österreich die effektive Steuerlast auf den privaten Verbrauch sowie auf den Faktor Arbeit im letzten Jahrzehnt zugenommen hat."

Österreich sitzt in der klassischen Sozialfalle, die der OECD-Experte Jeffrey Owens aufzeigt. Wachsenden Sozialleistungen - in Österreich explodieren sie durch demographische Veränderungen und die unendlichen Fantasie für neue soziale Forderungen - zwingen dazu, bewährte fiskalische Melkprozesse fortzusetzen. Die zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen stopfen bloß Löcher im Staatshaushalt und reichen dennoch nicht für den Aufbau von Überschüssen in besten Zeiten. Aber die unerträglich hohen Spitzensteuersätze, kombiniert mit den seit zwanzig Jahren versteinerten Einkommensstaffeln werden unbarmherzig bis 2010 fortgeschrieben.

Bei den Staatsfinanzen zeigt sich, was auch für andere politische Bereichen einschließlich Einwanderungsrecht gilt: Das System stimmt nicht mehr, also werden willkürliche "Verhandlungslösungen" - wie kürzlich bei Pensionserhöhung, Pflegeamnestie und Kindergeldeintreibung - getroffen.

Dieser Trend trägt aber nicht dazu bei, dass bei denjenigen das Vertrauen wächst, die den ganzen Aufwand auf Grund überhöhter Tarife bezahlen. Es wird Zeit für eine Systemdebatte.