Zum Hauptinhalt springen

Über die Kunst, einen Offenen Brief zu schreiben

Von Walter Hämmerle

Kommentare

Viele Wege führen einen Brief zu seinem Adressaten. Mitunter kommt es dabei aber auch zu Pannen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Früher war alles einfacher. Sogar die an sich simple Kommunikation per Brief beinhaltet ungeahnte Fallen. Werner Faymann und Alfred Gusenbauer haben mit ihrem Leserbrief an "Krone"-Herausgeber Hans Dichand vorgezeigt, wie man es am besten nicht macht, wurden sie doch Opfer der von ihnen selbst angestrebten Symbolik.

Dass der umgekehrte Weg auch nicht optimal ist, bewies nun eine Gruppe SPÖ-affiner Briefeschreiber unter der Federführung Ferdinand Lacinas. Diese hatten ihren Offenen Brief an die SPÖ-Spitze in alter Tradition auf Papier und per Post versandt - und zwar gleichzeitig an alle relevanten österreichischen Tageszeitungen und Magazine. Ja selbst die "Krone" wurde als Gleiche unter Gleichen bedacht, obwohl doch deren Exklusivstellung in den Augen der SPÖ-Doppelführung gleichsam der Tropfen war, der das Fass der roten Geduld zum Überlaufen gebracht hatte.

Und was passierte: Nur zwei Redaktionen, "Wiener Zeitung" und "Kurier", berichteten am Mittwoch über den Brief der Kritiker aus erster Hand - bei den anderen hatte entweder die Post einen längeren Weg oder das Schreiben blieb sonstwo liegen.

Mit Problemen dieser Art wollte sich dann wiederum SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures nicht herumschlagen. Weshalb sie kurzerhand ihr Antwortschreiben an die internen Kritiker einfach als Aussendung über die APA verschickte. Verkleidet als Offenen Brief, selbstverständlich.

*

Die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) steht vor einem Wechsel an ihrer Spitze: Noch-Nationalbankgouverneur Klaus Liebscher, der am 1. September in dieser Funktion von Ex-Bawag-Chef Ewald Nowotny abgelöst wird, übernimmt die ÖGfE-Präsidentschaft. Er folgt auf den ehemaligen Präsidenten der Nationalbank, Adolf Wala (71).

Auf Liebscher wartet eine Aufgabe von herkuleischen Dimensionen, hat sich die ÖGfE doch laut Statuten zum Ziel gesetzt, die bestehenden Informationsdefizite in Sachen Europäischer Union zu beseitigen. "Kronen Zeitung", zittere!

*

Und da sage noch einer, jenseits der eigenen Grenzen interessiere sich niemand für die Vorgänge in unserem kleinen Österreich. Selbst kämen wir natürlich nie auf die Idee, uns als Role-Model für Kanada, immerhin den zweitgrößten Staat der Erde, aufzuspielen. Das lassen wir schon lieber die Kanadier selbst erledigen.

Und deshalb Bühne frei für Rod Mickleburgh, den Kolumnisten der zweitgrößten kanadischen Tageszeitung "Globe and Mail" (mit einer täglichen Auflage von zwei Millionen): Mickleburgh beruft sich nämlich auf keinen Geringeren als Österreichs Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, wenn es darum geht, das Fernbleiben von Kanadas Premier Stephen Harper bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking zu verteidigen. Wir zitieren: "As Austrian Chancellor Alfred Gusenbauer explained, when he opted for the likes of beautiful downtown Wiener Neustadt instead of the stiffling heat Beijing: Austrias leaders never put much store in attending Olympic ceremonies." Nur das mit Wiener Neustadt war uns irgendwie neu.

Bekanntlich wohnen von österreichischer Seite nur Verteidigungsminister Norbert Darabos und Sportstaatssekretär Reinhold Lopatka der heutigen Eröffnung bei.

Alle Beiträge dieser Rubrik unter:

www.wienerzeitung.at/

hauptstadtszene

hauptstadtszene@wienerzeitung.at