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Norbert ist noch einmal davongekommen. Am Donnerstag ist jene Abstimmung zu Ende gegangen, die nicht nur Tierschützer auf die Palme gebracht hat. Zwei Berliner Kunststudenten hatten nämlich auf einer Website darüber votieren lassen, ob Schaf Norbert durch eine originalgetreu nachgebaute Guillotine den Tod finden soll. Kurz vor Ende der Frist hatten 2,5 Millionen gegen die Schlachtung gestimmt, aber immerhin auch 1,7 Millionen dafür. Die Todesmaschine selbst haben die Künstler nach eigenen Angaben bereits für umgerechnet 1,75 Millionen Euro in die USA verkauft. Das klingt nicht einmal so unglaubwürdig.
Was freilich von Anfang an eher unglaubwürdig klang, war das Ansinnen, das Schaf tatsächlich zu töten - die ganze Aktion roch doch gar zu sehr nach Plan-Provokation. Und so war es nun auch: Die Kunststudenten teilten mit, sie wollten ja gar kein Blutbad anrichten, sie wollten "Gesellschaft und Medien einen Spiegel vorhalten". Sie hätten sich selbst "bewusst als Feindbilder konstruiert, um die öffentlichen Reaktionen zu analysieren".
Das klingt, man muss es so despektierlich sagen, ein bisschen nach Kunststudenten-Sprech. Und mit Verlaub: Gähn. Im Wahlfach "Aktionskunst in Zeiten der Digitalisierung" gibt es dafür höchstens ein "Genügend". Die Reaktionen, die sie generierten, waren erwartungsgemäß einhellige Empörung. Die Menschen mögen es nun einmal nicht, wenn sie über Leben und Tod entscheiden müssen. Welch überraschende Erkenntnis. Das zu analysieren, schafft wahrscheinlich sogar Norbert, das Schaf, selbst.