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Die Polizei spaltet, oft aus entgegengesetzten Gründen. Das gilt es zu verhindern.
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In Stuttgart überraschen hunderte auf Krawall gebürstete junge Menschen die Polizei mit einem nächtlichen Gewaltexzess. In den USA protestieren seit Wochen Millionen Menschen gegen eine historisch gewachsene Gewaltkultur der Polizei, die vor allem schwarze Bürger das Leben kostet. In Frankreich entschlossen sich die Sicherheitskräfte wiederum, brutalen Straßenschlachten zwischen der ortsansässigen maghrebinischen Drogenmafia und aus halb Europa angereisten Tschetschenen in der burgundischen Provinz drei Tage lang nur zuzusehen, weil sie sich nicht gut genug bewaffnet fühlten, um dem Treiben sofort ein Ende zu bereiten. Die Reaktionen fielen so unterschiedlich aus, wie es die Ereignisse selbst waren.
Die Arbeit der Polizei und ihre Stellung in der Gesellschaft stehen ganz selbstverständlich im Fokus der Öffentlichkeit, immerhin übt sie ein Gewaltmonopol im Namen des demokratischen Rechtsstaats aus, um Schutz und Sicherheit für alle zu gewährleisten. Viel schwerere Aufgaben hat unsere Gesellschaft kaum zu bieten, als mit dieser Machtfülle verantwortungsvoll umzugehen. Fehler und strukturelle Mängel sind dabei zwangsläufig. Das gilt selbst für das verhältnismäßig friedliche Österreich. Zu oft ist die Polizei jener Stoff, der für die oft kontraproduktiven Träume von Ideologen herhalten muss.
Die kurze Auflistung an großen Problemen wie kleineren Aufregern veranschaulicht trotzdem recht treffend das Spannungsverhältnis, in dem die Polizei agiert. Für die große Mehrheit der Bürger ist die Polizei der Dienstleister für Schutz und Sicherheit (die schmerzhafte Ahndung eigener Verwaltungsübertretungen miteingeschlossen); eine Minderheit allerdings betrachtet die Exekutive als strukturellen Gegner der eigenen Freiheit und Sicherheit. Eine solche Haltung ist, wenn sie wächst und wuchert, gefährlicher für das Ansehen der Polizei als jede noch so große Mafiatruppe.
Entscheidend ist, ob es für eine solche grundlegend kritische bis ablehnende Haltung objektivierbare Gründe gibt. Wie sich die Bürger in ihrer Gesamtheit - oder auch nur als genau bestimmte Gruppen - behandelt fühlen und wie sie behandelt werden, ist sowohl für die politisch Verantwortlichen als auch für die Beamten selbst von zentraler Bedeutung. Dazu gehört auch ein offener und konsequenter Umgang mit Fehlern, ein- und mehrmaligen. Wirklich ihren Auftrag erfüllen kann die Polizei jedoch immer erst, wenn sie ihr Denken wie ihr Personal aus der Mitte wie der Breite der Gesellschaft rekrutiert. Das ist die beste und einzige langfristige Qualitätssicherungsmaßnahme.