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Über Kampfsport und Komplimente

Von Petra Medek

Wirtschaft

Im Vorfeld des Gesprächs positive Atmosphäre schaffen. | Vier Formen des Ja im Chinesischen - manches davon heißt definitiv nein. | Wien. Vertreter eines europäischen Konzerns fliegen nach China, um mit hiesigen Lieferanten zu verhandeln. Beim ersten Treffen der Gesprächspartner kommen die Europäer gleich zur Sache - und schildern ihre Vorstellungen knapp und fokussiert. Die Chinesen wirken irritiert, antworten permanent mit Ja und fragen selten nach - und wenn, dann nur nach scheinbar unwichtigen Details. Am Ende des Gesprächs herrscht Ratlosigkeit. Man kommt auf keinen grünen Zweig.


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Was läuft da falsch? So ziemlich alles, würde Xueli Yuan sagen. Der gebürtige Chinese lebt in München und arbeitet als Trainer für deutschsprachige Firmen, die mit chinesischen Delegationen verhandeln.

Zunächst: Die Chinesen kennen vier Arten des Ja - nur eine davon ist mit "ja, ich bin mit Ihnen einer Meinung" zu übersetzen. "Sagt ein Chinese ja, so meint er oft nein, oder er hat etwas nicht verstanden. ", sagt Yuan im Rahmen eines China-Workshops von Hill International in Wien.

Dementsprechend wird auch das Nein des Europäers nur bedingt akzeptiert: Chinesen werden auf einen bereits abgelehnten Punkt immer wieder zu sprechen kommen, meint Yuan.

Auf der anderen Seite brauche man sich auch nicht zu wundern, wenn Chinesen scheinbar geklärte Inhalte immer wieder aufs Tapet bringen. Passiert das, so sind sie nicht vergesslich oder nachlässig, sondern unterstreichen damit nur das Gesagte. "Die Wiederholung ist für den Chinesen das beste Mittel zur Betonung".

Wer mit Profiten protzt, verliert

Eine weitere Hürde für Verhandlungen zwischen Europa und dem Reich der Mitte: Chinesen strukturieren Informationen anders. Während Europäer mit dem Wesentlichen beginnen, nähern sich Chinesen dem Kern der Sache erst langsam über Details. In ihren Augen fallen die zielorientierten Europäer also meist mit der Tür ins Haus.

Yuan rät Europäern, bei Verhandlungen mit Chinesen "bis zum Ende wachsam zu bleiben". Denn die wichtigsten Informationen kämen bei den Chinesen meist erst am Schluss.

Generell sollte man als Gast aus der westlichen Welt darauf achten, ein positives Gesprächsklima zu schaffen - und zwar schon bevor man in die geschäftlichen Verhandlungen einsteigt. Denn der Chinese wolle sich vor den Verhandlungen ein Bild davon machen, ob sein Gegenüber ein guter Mensch sei. "Am besten startet man mit Komplimenten. Damit schaffen Sie ein wunderbares Gesprächsklima", rät der Experte, der unter anderem auch Siemens und BMW berät.

Small Talk gilt als besonders wichtig, man sollte ihn daher nicht unterschätzen, warnt Yuan. Denn dabei werden die Gesprächspartner quasi "abgeklopft": Stellen Europäer ihr Geschäft bei der ersten Plauderei als florierend dar, haben sie dadurch bei den Chinesen gleich eine schlechtere Verhandlungsposition. "Wer sein Unternehmen als profitabel vorstellt und von Gewinnzuwachs spricht, hat sich positioniert. Der Chinese wird den Preis seiner Leistung höher ansetzen". "Generell betrachten die Chinesen das Geschäft als Kampfsport", betont Yuan.

Und er rät verhandlungswilligen Europäern zu "einer gesunden Portion Skepsis", was die von Chinesen vorgelegten Daten und Statistiken betrifft. Außerdem sei es ratsam, Tages- und Verlaufsprotokolle von Verhandlungen zu führen, die beide Geschäftspartner unterzeichnen sollten. "Chinesen fangen erst an, Fragen zu stellen, wenn sie etwas unterschreiben müssen".