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"Menschen werden in dem Feld picknicken. Kinder werden in dem Feld fangen spielen. Es wird Mannequins geben, die hier posieren, und es werden hier Filme gedreht werden. Es ist kein heiliger Ort." So entspannt wie Peter Eisenman die Nutzung des von ihm gestalteten Holocaust-Denkmals in Berlin zum Zeitpunkt der Eröffnung sah, sehen das nicht alle. Etwa Satiriker Shahak Shapira. Der hat nun den Blog "Yolocaust" gestartet, mit dem er Mitglieder der Social-Media-Generation aufs Korn nimmt, die Selfies aus dem Memorial auf entsprechenden Plattformen posten. Er stellt die Pietätlosigkeit der Fotos so bloß, dass er sie - unverpixelt - mit Bildern aus den Konzentrationslagern unterlegt. Besonders effektiv ist das bei jenem Foto, das der Urheber mit dem geschmacklosen Kommentar versehen hat: "Jumping over dead Jews". In der Shapira-Version hüpft er tatsächlich über Leichenberge. Ja, plakativ, aber ausgesprochen wirksam. Bereits am ersten Tag klickten Hunderttausende die Seite. Vielleicht hilft es, ein Bewusstsein zu schaffen, dass man an einem Ort, an dem man Millionen ermordeter Menschen gedenkt, nicht sein Berlin-Party-forever-Foto schießt. Die Stadt ist groß genug.
Natürlich widerspricht das ein wenig der Idee des Schöpfers, der ja ausdrücklich wollte, dass das Denkmal "verwendet" wird. Er konnte freilich die Eskalation der Sozialen Medien nicht ahnen. Eisenman hat sich gewünscht, dass das Stelenfeld zu einer körperlichen Erkenntnis verhilft, die, wie er es formulierte, "die Hegemonie des Visuellen überwindet". Für manche eine zu komplexe Aufgabe im Zeitalter der Selbstdarstellungs-Bilderflut.