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Über Zeitspender und Sinnstifter

Von Petra Medek

Wirtschaft
Ein Gewinn für beide: Helfen macht Spaß und Sinn, sagen Ehrenamtliche. Foto: bb

44 Prozent der Österreicher arbeiten ehrenamtlich. | Wer im Job gut integriert ist, engagiert sich eher unentgeltlich. | Wien. Wenn Brigitte Hauptner von ihrer Tätigkeit spricht, dann wird es bunt - im wahrsten Sinn des Wortes. Die 44-Jährige ist Kulturvermittlerin im Belvedere, daneben bietet sie ehrenamtlich barrierefreie Kulturvermittlungen an, das bedeutet: Sie macht Kunst für Blinde erlebbar.


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Seit April 2009 organisiert sie für die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen spezielle Führungen in Museen. "Mir geht es darum, sehbehinderten Menschen Gemälde näher zu bringen. Das braucht eine besondere Beschreibung, die über jene für Sehende hinaus geht", erzählt Hauptner. Finanzielle Spenden könne sie sich weniger leisten, daher spende sie eben Zeit.

Und das hat in Österreich Tradition: Laut dem aktuellen Freiwilligenbericht engagieren sich 44 Prozent der Österreicher freiwillig. Demnach leisten diese Frauen und Männer wöchentlich stattliche 14,7 Millionen Arbeitsstunden.

Heimlich helfen müssen

Einer der wichtigsten Player in diesem Bereich ist das Rote Kreuz. Hier versehen 50.000 Österreicher freiwillig unentgeltliche Dienste. Die Palette reicht von Rettungs- und Krankentransporten über psychosoziale Hilfe bis zu Katastropheneinsätzen. Andreas Hruschka ist Teil des Teams. Der 33-Jährige ist Bezirksstellenleiter beim Wiener Roten Kreuz und investiert pro Woche 20 bis 25 Stunden in seine ehrenamtliche Tätigkeit. Sein Chef ist über seine Tätigkeit außerhalb des Büros informiert und akzeptiert es, wenn es einmal einen Noteinsatz gibt. Das ist jedoch nicht selbstverständlich, erzählt Hruschka. Gerade in Wien gebe es Kollegen, "die ihre ehrenamtliche Hilfstätigkeit vor ihrem Chef verstecken müssen, weil sie sonst Schwierigkeiten im Job bekämen". In einigen Firmen fehle eben das Bewusstsein für die Bedeutung der Freiwilligenarbeit, meint der Helfer.

Aber was bewegt die Freiwilligen, trotz Widrigkeiten ihre Zeit zu spenden? Freiwillige sind nicht einfach nur Menschen mit Helfersyndrom. Ihre Motive sind vielfältig, weiß Ehrenamtsexpertin Eva Hollerweger vom NPO-Institut der Wiener Wirtschaftsuniversität. Spaß stehe meist im Vordergrund, und diesen könne man bei der Freiwilligenarbeit verknüpfen mit dem Wunsch, Gutes zu tun und zu helfen.

Gibt es klassische Ehrenamtliche? Nein, versichert Hollerweger, aber sie hat ein paar Eckpunkte festgemacht: Die meisten sind zwischen 30 und 50 Jahre alt. Die Mehrzahl sind Männer, sie sind vor allem in den Bereichen Politik, Sport und Katastrophenhilfe vertreten. Frauen dominieren eher die Bereiche religiöse Dienste und Bildung. "Im Sozialbereich ist das Geschlechterverhältnis bei den Ehrenamtlichen überraschenderweise mittlerweile ausgeglichen", so die Expertin. Das ist umso erstaunlicher, weil die Sozialberufe grundsätzlich über Männermangel klagen.

Hollerwegers Studien zeigen, dass sich der Beteiligungsgrad mit zunehmendem Bildungsniveau und höherem Einkommen steigert. Anders gesagt: Wer über eine Erwerbstätigkeit gut in der Gesellschaft integriert ist, tendiert auch eher dazu, sich ehrenamtlich zu betätigen.

Gut beruflich integriert war auch Roswitha Kleinewig. Sie war Heilmasseurin und Kindergärtnerin, ist mittlerweile ein Pension und arbeitet zwei bis sechs Wochenstunden für Caritas, Rotes Kreuz und Lebenshilfe, unter anderem auch in einem Hospiz. Ein wesentliches Motiv für sie: "Die Persönlichkeit des Helfenden wächst bei dieser Arbeit."