Zum Hauptinhalt springen

Über zweihundert privilegierte Vereine locken Spender mit Steuervorteilen

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Einmal jährlich verwöhnt das sonst trockene Amtsblatt der Finanzverwaltung seine Leser mit einer Schmankerlliste der besonderen Art. Es veröffentlicht die aktuelle Übersicht über jene Institute, | Vereine, Arbeitsgemeinschaften und Forschungsteams, die es geschafft haben, die Finanzbehörden von ihren wissenschaftlichen Aktivitäten zu überzeugen. Und die daraufhin mit einem besonderen Prädikat | geadelt werden: mit dem Privileg, steuerbegünstigte Spenden entgegennehmen zu können. Wobei der Steuervorteil in erster Linie den geneigten Spendern zugute kommt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 26 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Edlingers Liste hat ihre gesetzliche Verankerung in dem sonst für sein totales Spenden-Absetzverbot bekannten Einkommensteuergesetz. Dort gibt es den nicht leicht durchschaubaren § 4 Abs.

4 Ziffer 5 litera d) und e), der Unternehmern und Privaten gleichermaßen die Möglichkeit öffnet, ihre Spendenfreudigkeit auch steuerlich zu unterstützen.

Betriebsausgaben

und Sonderausgaben

Nach dieser Gesetzesstelle dürfen spendable Zuwendungen an bestimmte Einrichtungen, die sich mit wissenschaftlichen Forschungs- und/oder Lehraufgaben beschäftigen, als Betriebsausgaben abgesetzt

werden.

Der Paragraph wird durch eine zusätzliche Bestimmung ergänzt, wonach diese Begünstigung auch Privatpersonen zusteht, die solche Ausgaben als Sonderausgaben absetzen können, und zwar außerhalb des

persönlichen 40.000 Schilling-Jahreslimits, ohne die sogenannte "Viertelkürzung" und ohne Rücksicht auf ihre Einkommensverhältnisse.

Dennoch besteht eine gemeinsame Höchstabsetzgrenze: sie beträgt für die Betriebsausgaben und Sonderausgaben eines Spenders insgesamt 10% der Vorjahreseinkünfte (ein Betrag, der in der Praxis aber

ohnehin kaum erreicht wird). Bis zu diesem Limit können die Zuwendungen an die wissenschaftlichen Institute die Einkommen- oder Lohnsteuerbasis des Spenders und damit die Steuer selbst vermindern.

Ein freundlicher Anstoß des Fiskus, für die darbende Wissenschaft zusätzliche Mittel anzulocken.

Strenge

Zulassungsprüfung

Wobei das Kriterium der "Erringung von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen" und damit die Berechtigung zur Entgegennahme steuerabsetzbarer Spenden von der Finanzverwaltung außerordentlich

streng geprüft wird. Die bezüglichen Antragsverfahren beginnen bei der jeweils zuständigen Finanzlandesdirektion und werden von bisherigen Antragstellern als langdauernd und bürokratisch

bezeichnet. Das dürfte allerdings weniger auf die Behörden zurückfallen, als eher auf den Gesetzgeber, dessen Formulierungen etwas unglücklich ausgefallen zu sein scheinen.

Kritisches

Höchstgericht

So hat der Verwaltungsgerichtshof den bezüglichen Paragraph als "am äußersten Rand der Erfüllung der an ein Gesetz zu stellenden Anforderungen an Verständlichkeit, Klarheit und

Widerspruchsfreiheit" bezeichnet, was für das hohe Gericht eine schon recht deftige Aussage ist. Gnädiger Nachsatz: "Es erweist sich die gesetzliche Regelung jedoch einer ihren Vollzug zulassenden

Interpretation gerade noch zugänglich".

Diese gesetzeskritische Einstellung der Höchstrichter führte möglicherweise dazu, daß die meisten judizierten Streitfälle über spendenbegünstigte Vereine bisher zugunsten der Antragsteller ausgingen.

So konnte sich etwa der Verein "Global 2000", aber auch der "Club Belvedere" gegen die mißtrauische Finanz durchsetzen, die offenbar schon an den "unwissenschaftlichen" Namen der beiden Institute

Anstoß nahm.

Schiffbruch erlitt hingegen jüngst der Verein für klinische Pulmologie, weil er nicht selbst wissenschaftliche Arbeit tut, sondern stattdessen Ärzte und Forscher bei ihrer Erkenntnissuche

"bloß" finanziell unterstützt. Der kleine, im Effekt wohl kaum erhebliche Unterschied kostete den Verein die Steuergunst für seine Mäzene.

Begrenzte Zahl

von Vereinen

Die Namen der privilegierten Vereinen werden einmal jährlich von der Finanzverwaltung im Amtsblatt kundgemacht. Die soeben veröffentlichte aktuelle Liste (Stand 1. Jänner 1999) zeigt zwischen A

("Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftliche Wirtschaftspolitik") und Z ("Zentrum für soziale Innovation") insgesamt 229 begünstigte Institutionen · um 18 mehr als in der Vorjahrestabelle.

Das ist freilich nur mehr etwa ein Drittel jener gut 700 Bevorrechteten, die einst diese Steuergunst genossen, ehe die mißtrauische Finanz im Steuerreformgesetz 1993 die Voraussetzungen stark

einschränkte und damit einen Kahlschlag unter den Vorteilsvereinen auslöste.

Spektrum

der Wissenschaft

Dessenungeachtet bietet auch die nunmehrige Liste der 229 Aufrechten für jeden spendefreudigen Unternehmer und/oder Privaten den rechten Empfänger. Die Palette umfaßt das totale Spektrum

wissenschaftlicher, auch kultureller Einrichtungen. Schwerpunkt bilden nahezu alle Bereiche der Humanmedizin, vorallem die Krebs- und Tumorforschung, auch die Forschungen über Asthma,

Blutdruck, Stoffwechsel, Hormone, Knochenerkrankungen und Neurochirugie. Der Reigen reicht von der pränatalen Diagnostik bis zur anonymisierten Exitusforschung.

Nicht nur

Humanmedizin

Der Veterinärsektor präsentiert sich durch Institute zur "kritischen Tiermedizin", zur Tierhaltung, sogar zur Tierzahnheilkunde oder zur Ameisenkunde. Wo Tiere sind, können auch Pechlaners

Schönbrunner Tiergarten sowie die anderen heimischen Zoos nicht fehlen.

Als nicht ohne weiteres erkennbare Wissenschafter präsentieren sich etwa die Energieverwertungsagentur, die Arge "Nein zur Atomenergie", das Institut für Menschenrechte und der Verein "Engagierte

Computer Expertinnen".

Neu auf der Liste ist auch das dem Finanzministerium selbst nahestehende Institut für Finanzwissenschaft und Steuerrecht. Soll keiner dabei auf falsche Gedanken kommen: Steuerrecht kommt vielen

tatsächlich wie eine Wissenschaft vor.

Die aktuelle Liste der begünstigten Spendenempfänger ist im Amtsblatt der Finanzverwaltung unter Nr. 41/1999 veröffentlicht.