Erstmals haben vor kurzem, so das Fachblatt "Medical Tribune", zwei mexikanische Autorinnen eines der bestgehütetsten Geheimnisse der Medizin gelüftet: Nämlich dass Frauen durchaus die Option haben, ihre Monatsblutung ohne gesundheitliches Risiko abzustellen - und dass es an den Ärzten liegt, sie darüber zu informieren. Der Trick, der vielfach etwa von Sportlerinnen erprobt wurde, ist nämlich ganz schlicht: Kein Aussetzen der "Pille" an sieben Tagen, sondern einfach durchgehend einnehmen.
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Gewiss, die Monatsblutung ist an sich keine Krankheit, aber die in vielen Fällen damit einhergehenden Beschwerden können durchaus die Form von Krankheiten annehmen. Schmerzen aller Art, damit verbunden deren Unterdrückung durch Analgetika und das berüchtigte prämenstruelle Syndrom samt einer etwaigen Verringerung der Leistungsfähigkeit während der Regel sind insofern durchaus Ernst zu nehmen. Und zwar nicht nur, weil zum Beispiel die US-Industrie angibt, dass sie die Monatsprobleme acht Prozent der Gesamtlöhne kosten.
Vor allem, so die Kritik der beiden Autorinnen in der Fachzeitschrift "The Lancet", wäre bei keinem anderen Leiden, das derartig viele Menschen regelmäßig heimsucht, eine vergleichbare Ignoranz denkbar, wie sie Ärzte diesem Problem der Frauen gegenüber immer noch an den Tag legen.
Denn auch die Ärzte wissen natürlich, dass ein durchgehend eingenommenes orales Kontrazeptivum mit niedrigem Östrogengehalt sämtlichen Leiden ein rasches Ende setzt - so die Patientin dies wünscht.
Doch wider dieses Wissen werde die Menstruation immer noch als "heiliger Gral der Weiblichkeit" behandelt, obwohl die Pillen-Entzugsblutung mit der natürlichen Monatsblutung nur wenig gemeinsam hat. Und auch deren "Natürlichkeit" lässt sich evolutionsmedizinisch bezweifeln:
Während es die Urahninnen infolge der späteren Menarche mit etwa 16 Jahren, vielen Geburten und langen Stillzeiten auf lediglich 160 Monatszyklen gebracht haben dürften, werden ihre Nachfahrinnen in der westlichen Welt von rund 450 Zyklen (Menarche mit ungefähr 12 Jahren, maximal zwei bis drei Kinder, kurze Stillzeiten) bis zu ihrer (heute viel später einsetzenden) Menopause heimgesucht.
Und schließlich räumen die Autorinnen dankenswerter Weise auch mit dem Mythos vom "gesundheitlichen Wert" der Monatsblutung auf, an dem vor allem die Frauen gern festhalten - eventuell weil dies für sie nicht selten das Ende gewisser prämenstrueller Ärgernisse bedeute, so ihre Vermutung. Doch für die Gesundheit ist die Regel nicht nur ohne jede Bedeutung, ganz im Gegenteil führen die zahlreichen Zyklen weit eher zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder sogar zu Schäden.
Zum einen seien nämlich sowohl das prämenstruelle Syndrom mit all seinen körperlichen und psychischen Auswirkungen als auch die krampfhafte Schmerzen auslösende Endometriose klar an den Zyklus gekoppelt. Hinzu kommen aber zum anderen auch noch Anämie (Blutarmut) und bestimmte gynäkologische Malignome in Endometrium und Ovar. Und schließlich gingen auch noch bestimmte Herzerkrankungen auf das Konto häufiger Ovulationen.
Doch nicht genug damit, ist auch die Behauptung, dass die regelmäßige Abstoßung der inneren Gebärmutterauskleidung zur Krebsvermeidung dienlich sei, eine schlichte Mär, bleibt doch die basale Schleimhautschicht - sie ist der Ausgangspunkt maligner Entartungen - von der Blutung unberührt weiter drinnen.
Im Hinblick auf all dies fordern die Autorinnen, dass Frauen über die Möglichkeit, die Menstruation ohne gesundheitliches Risiko abstellen zu können, von ihren Ärzten informiert werden sollten.
Eine "Pathologisierung" der Regel lehnen sie freilich betont ab, da Frausein an sich nun einmal keine behandlungsbedürftige Krankheit ist, aber zum Vorwand genommen werden könnte, Frauen von Führungspositionen und gut bezahlten Tätigkeiten fern zu halten und zu diskriminieren.
Und: Die Unterdrückung der Regel dürfe stets nur als Option verstanden werden, die Frauen ergreifen können, wenn sie dies möchten. Und in jedem Fall sei es zu akzeptieren, wenn sich Frauen gegen diese Möglichkeit entschieden. Doch jede soll einfach wählen dürfen, was sie will.
(Quellen: Sarah L. Thomas et al. Population Council, Latin America and the Carribean, Mexico; "The Lancet", Vol. 355, No. 9207. "Medical Tribune" Österreich, 30. August 2000.)