)
Nach acht Jahren Bürgerkrieg mit mehr als 200.000 Toten ist Burundi in der Vorwoche mit der Vereidigung einer Übergangsregierung aus Tutsis und Hutus dem Frieden einen großen Schritt vorangekommen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Interimsregierung, die unter Vermittlung des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela zustande kam und vom bisherigen Präsidenten Pierre Buyoya angeführt wird, soll drei Jahre im Amt bleiben. Ihre wichtigste Aufgabe wird die Durchsetzung eines Waffenstillstands in dem tief zerstrittenen Land sowie die Umsetzung eines Abkommens über die Aufteilung der Macht zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi sein.
Verhandlungsführer geben sich insgesamt zwar optimistisch, doch auf beiden Seiten gibt es Widerstände. So lehnen die zwei der fünf größten Rebellengruppen die Friedensvereinbarung weiterhin ab, wenngleich sie Bereitschaft zu Gesprächen signalisiert haben. Und auch extremistische Tutsi-Politiker erklärten bereits ihren Unmut über die Hutu-Abgeordneten und die rund 700 südafrikanischen Soldaten an, die übergangsweise für die Sicherheit der Parlamentarier sorgen sollen. Nach jahrzehntelanger Feindschaft und blutigen Massakern steht die Gemeinschaftsregierung deshalb auf wackeligen Füßen.
Bereits erste Gefechte
Einen ersten Beweis lieferten die ersten Zwischenfälle nur zwei Tage nach der Vereidigung, als Hutu-Rebellen einen Militärposten 20 Kilometer von der Hauptstadt entfernt angriffen und dabei drei Soldaten töteten. Vorgestern attackierte die Armee im Gegenzug mehrere Rebellenstellungen im Süden.
Seit der Unabhängigkeit Burundis von der belgischen Kolonialherrschaft 1962 ist das kleine Land in Ostafrika von blutigen Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerungsmehrheit der Hutu und der Tutsi-Minderheit gezeichnet. Beide Volksgruppen werfen sich gegenseitig Völkermord vor. Dazu kommt, dass die Hutus, die 85 Prozent der sechs Millionen Burundesen stellen, politisch marginalisiert sind. Die Tutsis kontrollieren Regierung und Militär.
Als bei der ersten freien Wahl 1993 überraschend der Hutu Melchior Ndadaye zum Präsidenten gewählt wurde, putschten ihn Tutsi-Militärs nur fünf Monate später aus dem Amt. Ndadaye wurde ermordet. Seitdem tobt der Bürgerkrieg. 1996 brachte sich der jetzige Präsident Pierre Buyoya, ein Tutsi, durch einen unblutigen Putsch an die Macht. Den Krieg beendete er nicht, doch wurden seitdem immer wieder Friedensverhandlungen geführt.
Armee soll für Hutus geöffnet werden
Es war Mandela, der schließlich gemeinsam mit Burundis Nachbarländern das Friedensabkommen zwischen den 17 Kriegsparteien aushandelte, der im August vergangenen Jahres unterzeichnet wurde und nun umgesetzt werden muss. Es soll die Öffnung der von Tutsis geleiteten Armee für beide Volksgruppen ebenso auf den Weg bringen wie die Freiheit für politische Parteien und die Reform des Justizsystems.
Auch die 26 Ministerposten teilen sich die beiden Volksgruppen. Die Tutsi behalten unter anderem das Verteidigungs-, Außen- und Finanzministerium. Für die innere Sicherheit sind dagegen künftig die Hutu zuständig, die neben 13 weiteren Ressorts - als Ausgleich für den Präsidentenposten der Tutsi - das Innenminsterium übernehmen. Laut der vorläufigen Verfassung sollen Präsident und Vizepräsident alle Entscheidungen gemeinsam treffen. Davon ausgenommen sind Verteidigungsfragen.
Buyoya muss laut dem Friedensvertrag zur Halbzeit der für drei Jahre angesetzten Übergangsregierung sein Amt an seinen Vizepräsidenten Domitien Ndayizeye, den Generalsekretär der größten Hutu-Partei FRODEBU, abgeben.