Die Milch ist die wichtigste Einkommensquelle der österreichischen Bauern. Das Milchgeld, das sie dafür von den Verarbeitern, sprich: den Molkereien, erhalten, ist seit dem EU-Beitritt stetig gestiegen (siehe Grafik). Den sieben "fetten Jahren" dürfte aber nun eine Abwärtsbewegung folgen. Der Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter, Johann Költringer, sieht eine Überhitzung des Marktes und spricht von einem Rekordniveau beim Milchpreis, das nicht weiter gehalten werden könne.
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Daran werde auch eine mögliche österreichische Milchlösung, bei der sich die beiden größten Molkereien des Landes, NÖM und Berglandmilch, gesellschaftsrechtlich verschränken, nichts ändern. Im vergangenen Jahr erhielten 60.000 Lieferanten von den Molkereien durchschnittlich 16.498 Euro Milchgeld. Abzüglich der Abgabe für Lieferungen über der EU-Quote waren es 15.856 Euro pro Lieferant. Im Jahr 1995 - dem ersten Jahr der Marktliberalisierung im Zuge des EU-Beitritts Österreichs - waren es 9.000 Euro gewesen, allerdings bei 76.630 Lieferanten.
1995 wurden pro Kilogramm Milch 30,02 Cent gezahlt, im vergangenen Jahr waren es 37,82 Cent. Derzeit liege das Milchgeld bei "etwas über 32 Cent", sagte Költringer am Freitag vor Journalisten. Die Absenkung des Milchpreises sei keine willkürliche Aktion der Molkereien, sondern eine europäische Entwicklung. BSE und die Maul- und Klauenseuche hätten zu einem veränderten Konsumverhalten geführt.
Die Zahl der österreichischen Molkereien hat sich seit dem EU-Beitritt auf etwa 100 halbiert. Der Großteil der milchverarbeitenden Betriebe ist genossenschaftlich organisiert. Acht Molkereien erwirtschaften 80 bis 85% des gesamten Umsatzes der Branche (2001: 1,8 Mrd. Euro). Die Zahl der Mitarbeiter gab Költringer mit "unter 4.000" an. 1994 seien es noch rund 6.000 gewesen.
Die Produktpalette ist seit dem EU-Beitritt sehr bunt geworden. Költringer: "Wenn Sie heute in den Supermarkt gehen, sehen Sie, dass die Molkereien sehr erfindungsreich sind." Auch das Ausland schätzt die österreichischen Molkereiwaren, insbesondere Käse. Hier gab es im Vorjahr ein Ausfuhrplus von 34,5% auf rund 64.200 Tonnen.
Die Zahl der Milchbauern habe sich seit 1995 jährlich um etwa 3,6% reduziert, und der Trend zeige weiter abwärts, so Költringer. Die durchschnittliche Liefermenge eines österreichischen Milchbauern betrage 40.000 kg/Jahr. Österreich produziert 2,5% der EU-Milch.
Die Milchpreise und -mengen wurden in Österreich bis Mitte 1993 vom Milchwirtschaftsfonds "gesteuert". Dieser ging gemeinsam mit dem Getreidewirtschaftsfonds, der Vieh- und Fleischkommission und dem Mühlenfonds in der Agrarmarkt Austria (AMA) auf.