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Plötzlich war sie da, die Debatte, die Englands Teamchef Roy Hodgson vor den entscheidenden WM-Qualifikationsspielen gegen Montenegro und Polen so gar nicht gebraucht hätte. Der Teenager Adnan Januzaj lieferte beim 2:1-Sieg Manchester Uniteds über Sunderland eine fabulöse Leistung ab und schoss die Red Devils im Alleingang zum Sieg. Und seitdem vergeht kaum ein Tag auf der Insel, an dem nicht darüber geredet und geschrieben wird, ob der schlaksige Bursch mit dem Milchgesicht und dem Torinstinkt nicht in Zukunft das Trikot der Three Lions tragen könnte, die mit herausragenden Talenten nicht eben gesegnet sind. Bei der Wahl seines künftigen Nationalteams hat der 18-Jährige tatsächlich die Qual: Er ist in Belgien geboren und aufgewachsen, seine Familie ist aus dem Kosovo und hat Verwandtschaft in beinahe allen Teilen Ex-Jugoslawiens, eine Großmutter kommt aus der Türkei, er selbst lebt und kickt seit zwei Jahren in England. Theoretisch könnte er also für eine ganze Reihe an Teams spielen, auch für jenes Hodgsons - allerdings aufgrund der Residenzpflicht der Fifa erst, wenn er nach seinem 18. Geburtstag fünf Jahre durchgehend dort leben würde.
Es ist also höchst zweifelhaft, dass das jemals passieren wird, und das sicher nicht aus dem nationalistischen Grund, den Jack Wilshere angab. Der hatte mit seiner (später abgeschwächten) Meinung, Englands Team solle echten Engländern (Was genau ist das?) vorbehalten bleiben, für Blätterrauschen gesorgt. Doch Januzaj wird einen Teufel tun und nur einer späteren Einberufung wegen noch fünf Jahre in England bleiben. Internationale Spitzenteams locken auf Klubebene. Und die ist nun einmal das Abbild des Fußballs in einer modernen Gesellschaft. Es sind die Multikulti-Truppen à la Bayern München, zusammengesetzt aus Deutschen, Franzosen, Holländern und sogar einem Österreicher mit philippinischen und nigerianischen Wurzeln, die Woche für Woche für volle Stadien und Kassen sorgen.
Die Nationalteams wirken da fast schon altmodisch. Noch überholter sind nur Aussagen wie "England nur den Engländern".