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Übernahmekampf bei Hypo Real Estate: Die Regierung brauchte ein Druckmittel

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Eine wichtige Frage der Finanzmarktarchitektur wurde bisher kaum thematisiert: Wie soll mit Banken oder Versicherungen umgegangen werden, die "too big to fail" sind - also aufgrund ihrer Größe und Vernetztheit so relevant, dass sie unter allen Umständen gerettet werden müssen? Es muss klar sein, was diesen Instituten im schlimmsten Fall eines Unfalles blüht. Es braucht also klare Alternativen zu einer Insolvenz - von einer marktverträglichen Abwicklung bis zur Enteignung. | Diese Drohgebärden sind nötig, damit die öffentliche Hand handlungsfähig bleibt. Das zeigen die Probleme der deutschen Regierung mit dem Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE). Dieser ist ähnlich wie der österreichische Gemeindefinanzierer Kommunalkredit in die Bredouille geraten. Auch die in Irland ansässige HRE-Tochter Depfa hatte sich verspekuliert, indem sie langfristige Darlehen mit kurzfristigen Krediten refinanzierte. Was nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers schlagartig nicht mehr möglich war.


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Deutschland bleibt nichts anderes übrig, als die HRE aufzufangen: Ihre Bilanzsumme liegt mit 400 Milliarden Euro in einer ähnlichen Größenordnung wie jene von Lehman Brothers. Ein Bankrott hätte unabsehbare Folgen und ließe den weltweiten Finanzmarkt womöglich endgültig kollabieren - ähnlich wie die Lehman-Pleite, die als Brandbeschleuniger gewirkt hat.

Die HRE-Verstaatlichung ist freilich ungleich schwieriger als jene der Kommunalkredit, weil die deutsche Bank börsenotiert ist. Während in Österreich nur die Alteigentümer Volksbank AG und Dexia (jeweils mit einem symbolischen Euro) abgefunden werden mussten, müht sich der deutsche Bankenrettungs-Fonds (Soffin) seit Monaten mit der Übernahme.

Der Soffin will eine Komplettübernahme erreichen, um Blockaden durch andere Aktionäre zu verhindern und sicherzustellen, dass nicht andere ungebührlichen Profit aus der staatlichen Rettung schlagen: Denn die HRE konnte bis dato nur überleben, weil ihr mehr als 100 Milliarden Euro an Hilfen und Bürgschaften zugebilligt wurden.

Der amerikanische Großinvestor Christopher Flowers, dem rund 24 Prozent der HRE gehören, hätte sein Investment von 1,1 Milliarden Euro nach Marktmaßstäben längst in den Wind schreiben müssen.

Dass die Regierung die HRE retten muss, brachte ihn aber in eine gute Verhandlungsposition. Flowers versuchte, um einen besseren Abfindungspreis zu pokern. Damit ist es nun vorbei: Zwar versucht die deutsche Regierung, den Aktionären die Verstaatlichung mit einem großzügigen Abfindungsangebot schmackhaft zu machen.

Aussichtsreich ist dieses Offert aber nur, weil auf die Schnelle ein Gesetz verabschiedet wurde, das den Aktionären mit einer Enteignung per Handstreich droht. Ohne dieses Druckmittel würde die Regierung recht alt aussehen.