Elektrotechnik-Verordnung bürdet Vermieter neue Pflichten auf. | Geltungsbereich ist allerdings noch nicht abgesteckt. | Wien. Diesen Sommer, genauer am 13. Juli, ist still und ohne öffentliches Interesse die Änderung zur Elektrotechnik-Verordnung in Kraft getreten. Was auf den ersten Blick nach einer reinen Vollzugsmeldung aussieht, kann bei genauerer Betrachtung aber so manchen Vermieter überraschen und künftig ins Schwitzen bringen. Denn wer vermutet hier schon so weitreichende Konsequenzen?
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Primär bringt die Verordnung die elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften (ÖNormen und Europäische Normen) auf den letzten Stand.
Darüber hinaus greift die Verordnung aber auch massiv in das fragile Gefüge des Mietrechts ein: Künftig muss der Vermieter sicherstellen, dass die Elektrik in der Wohnung dem Elektrotechnikgesetz entspricht; insbesondere muss die Wohnung mit einem Zusatzschutz ausgestattet sein.
Ist kein Zusatzschutz vorhanden, so muss nachträglich ein Fehlerstrom-Schutzschalter - maximal 30 Milli ampere (mA) - unmittelbar vor den Wohnungsleitungen installiert werden. Dadurch werden bei Überschreiten eines bestimmten Differenzstroms, etwa durch eine schadhafte Isolierung, alle Leiter bis auf den Schutzleiter vom restlichen Netz getrennt.
Alternativ ist auch der Einbau von sogenannten "Steckdosen FI-Schaltern", also 30 mA-Fehlerstromschutzschaltern, in Steckdosen zulässig, sofern die Wohnung über eine "klassische Nullung" verfügt.
Die Verordnung gilt für alle ab dem 13. Juli 2010 abgeschlossenen Mietverträge. Bestehende Verträge werden nicht berührt.
Verordnung lässt viele Fragen unbeantwortet
Die Verordnung weist verschiedene Tücken auf. Es ist nicht verständlich, wieso die neuen Vermieterpflichten für manche Mietverträge gelten, für andere wiederum nicht.
Die Bestimmungen sollen nur für Hauptmietverträge gelten, nicht aber für die Untermieter.
Außerdem umfasst der Geltungsbereich allein Miet verträge, die unter das Mietrechtsgesetz (MRG) fallen. Ausgenommen sind daher zum Beispiel Ein- oder Zweifamilienhäuser, Dienstwohnungen sowie Studentenheime und dergleichen.
Die Bestimmungen gelten zudem nur für Wohnungen, nicht aber für Büromieten, Geschäftslokale, Ordinationen, Kindergärten, und Ähnliches. Ob Genossenschaftswohnungen umfasst sind, geht aus der Verordnung nicht klar hervor.
Auch der Nachweis über den Zusatzschutz ist nicht klar geregelt. Die Verordnung verlangt, dass eine "geeignete Dokumentation" darüber vorliegen muss, dass die Wohnung den Anforderungen entspricht.
Kein Nachweis,keine Konsequenzen?
Liegt die Dokumentation nicht vor, dann kann der Mieter aber nicht davon ausgehen, dass die Anlage den Anforderungen entspricht. Aber welche Konsequenz das Fehlen dieser Dokumentation hat, regelt die Verordnung nicht.
Hier sind zahlreiche Fallen versteckt. Juristen werden noch viel damit zu tun haben.
Im Übrigen ist die Verordnung auch verfassungsrechtlich bedenklich, weil die gesetzlich geregelten Erhaltungspflichten des Vermieters nicht durch eine Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend abgeändert werden können.
Richtig ist, dass der Vermieter nach dem Mietrechtsgesetz verpflichtet ist, erhebliche Gesundheitsgefährdungen zu beheben. Ob allerdings wirklich alle in der Verordnung genannten Bestimmungen der Abwehr einer solchen erheblichen Gefahr dienen, ist zumindest zweifelhaft.
Das Mietrecht entwickelt sich in den letzten Jahren immer mehr zum Minenfeld für den Vermieter. Nach dem Verbot der Bleirohre für Trinkwasser kam die (noch immer schwelende) Unsicherheit über die Erhaltungspflichten. Seit 2008/2009 muss der Vermieter einen Energieausweis vorlegen und nun seit Juli 2010 auch eine elektrotechnische Dokumentation einholen.
Der Autor ist Rechtsanwalt und Immobilienexperte bei der Kanzlei Graf Pitkowitz in Wien.