Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl will Überstunden weitgehend abschaffen. Unter dem Stichwort Flexibilisierung präsentierte er ein neues Arbeitszeitmodell.
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Die tägliche Normalarbeitszeit soll von 8 auf 10 Stunden und die maximale Arbeitszeit von 10 auf 12 Stunden angehoben werden. Pro Woche sollen wie bisher nicht mehr als 40 Stunden anfallen. Das heißt aber, dass Überstundenzuschläge erst ab der 11. und nicht wie bisher ab der 9. Stunde anfallen. Der Beginn der Wochenendruhe am Samstag soll von 13 auf 18 Uhr verlegt werden. Was die Wirtschaftskammer vorlegt, läuft auf eine Kürzung des Engeltes hinaus. Das muss auch Leitl zugeben. Vor allem Beschäftigte mit einem niedrigen Grundlohn rechnen fix mit den um das 1,5-fache vergüteten Überstunden.
Die Arbeiterkammer hat berechnet, dass das Wegfallen der bezahlten Überstunden die Arbeitnehmer rund 1 Mrd. Euro im Jahr kosten würde. Was auch ein enormer Kaufkraftverlust wäre. Die "Wiener Zeitung" hat in ihrer Mittwoch-Ausgabe berichtet.
Die Wirtschaftskammer wiederum geht davon aus, dass durch das neue Arbeitszeitgesetz, dem ein Ganzjahresmodell zugrunde liegen soll, die Produktionskosten sinken würden. Gleichzeitig könnte auf Auftragsschwankungen flexibel reagiert und die Auslastung verbessert werden.
Außerdem könnten laut Leitl 25.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen - vorausgesetzt, die Konjunktur springt an und die Nachfrage wächst. Wodurch das Mehr an Arbeitsplätzen bei besserer Auslastung entstünde, konnten die WKO-Experten nicht schlüssig erklären. Sie gehen jedenfalls davon aus, dass von den weniger als 200 Millionen Mehrstunden, welche die Österreicher pro Jahr leisten, rund 100 Millionen mit Zuschlag vergütet werden. Die Hälfte davon könnte durch das neue Arbeitszeitmodell für die Betriebe eingespart werden.
Schon jetzt würden manche Betriebe mit der Zeit ihrer Arbeitnehmer flexibler umgehen, als es das Gesetz erlaubt. Leitl möchte mit einer "gesetzlichen Regelung" diesen Betrieben aus der rechtlichen Grauzone helfen. Die Experten der Sozialpartner beraten derzeit über eine neue Arbeitszeitregelung. Erst nach Vorliegen eines Vorschlags will Wirtschaftsminister Martin Bartenstein das Gesetz ändern.