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Im Endspurt des Wiener Wahlkampfes lässt die Bürgerbewegung SOS-Mitmensch unter dem Motto "Was ist schon normal?" Experten die Ereignisse Revue passieren. Im Visier der kritischen Beobachter standen dabei vor allem Aussagen und Plakate der FPÖ, aber auch die ÖVP blieb nicht verschont.
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"Der FPÖ geht es darum, Feindseligkeiten und Angst zu schüren", analysiert Georg Danzer, Vorsitzender von SOS-Mitmensch. Er kritisiert die "rot-grünen Vortäuschplakate" und die Plakatserie mit Helene Partik-Pablé als "besorgter Staatsbürgerin". Dabei würden Ausländer einerseits mit dem Feindbild rot-grün, andererseits mit Kriminalität in Zusammenhang gestellt. Eine derart bewusste Irreleitung der Wähler habe es noch nie gegeben. "Dann kommt noch der Antisemitisums in Form der Haider-Sager dazu. Hier wird spekuliert, dass diese Aussagen heimliche Unterstützung bekommen", erklärt Danzer.
Im Sog der Erwartungen gebe es eine Steigerung des Normalen, ortet die Politologin Sieglinde Rosenberger. "Teil der österreichischen Normalität ist es, dass Reizthemen wie xenophobe Obsession und klassische Law-and-Order-Forderungen nicht mehr reizen und zur politischen Fadesse führen." So sei es dann auch nicht verwunderlich, dass Anti-Ausländer-Parolen mittlerweile als Nicht-Themen gewertet werden.
Für die Sprachwissenschafterin Ruth Wodak steht fest: Anders als im Wahlkampf 1999 werde vor allem mit Anspielungen und indirekten Strategien operiert. "Zwischen Ausländern, Kriminalität und Drogen wird durch die FP-Plakate ein impliziter Zusammenhang hergestellt, der es schwierig macht, sich dagegen zu stellen." Auch die Übertreibung werde oftmals eingesetzt. "Es geht darum, ob es Rauschgift künftig in der Trafik gibt, oder ob die Drogendealer verfolgt werden", wird die FPÖ-Spitzenkandidatin zitiert. Dieses bekannte Stilmittel der Rhetorik polarisiere und wende sich gegen eine Behauptung, die so gar nie gemacht wurde.
Der Politologe Oliver Marchart meint, dass auch die ÖVP vom kulturellen Feindbegriffen profitiert: "Bernhard Görg unterscheidet zwischen guten und bösen Ausländern. Und nur die guten, integrationswilligen dürfen in den Gemeindebau." Bei der ÖVP wie bei der FPÖ, so Marchart, fungiere das Wort Integration als Platzhalter für Assimilation. Er ortet Ähnlichkeiten mit Deutschlands Leitkulturdebatte: "Die aber dort am rechten Rand der CDU geführt wird".