Verkehrsdaten von Handy und Internet werden gespeichert. | Schwerer Eingriff in die Grundrechte. | Wien. Der Aufruhr um die bevorstehende Datenspeicherung bei Telefonaten und E-Mails ist weiterhin groß. Anlässlich der sich häufenden Kritik - unter anderem auch von Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer - ruderte Verkehrsminister Werner Faymann gestern, Mittwoch, zurück. Er kündigte an, den Gesetzesentwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes noch einmal zu überprüfen.
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Die Begutachtungsfrist für die Gesetzesänderung ist am Montag ausgelaufen, nun werden die Stellungnahmen evaluiert.
Sowohl Faymann als auch die Justizministerin Maria Berger betonen, dass man mit dem Gesetz nur die "Mindestnorm" der EU erfüllen möchte.
Terrorismusbekämpfung
Die Änderung sieht vor, dass Netzbetreiber flächendeckend und verdachtsunabhängig sechs Monate lang speichern müssen, wer mit wem wann und von welchem Ort aus telefoniert. Der Inhalt des Gesprächs wird nicht gespeichert.
Der Zweck dahinter: Wird jemand einer Straftat verdächtigt, sollen die Sicherheitsbehörden zur Verfolgung des Delikts auf die gespeicherten Daten zugreifen können.
Grund für die Gesetzesänderung ist die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung von Telefonaten und E-Mails, die nun ins nationale Recht umzusetzen ist. Ihr Ziel ist eigentlich die Terrorismusbekämpfung. Hans Zeger, Mitglied des Datenschutzrates, hält wie so viele andere Kritiker der Richtlinie die vorgesehen Mittel zur Erfüllung des Zwecks für nicht geeignet. Terroristen würden sich nämlich schnell auf die Maßnahmen einstellen und Tricks finden, um nicht erwischt zu werden.
Die Richtlinie würde also nur Kleinkriminelle und solche Delinquenten treffen, die aus mangelndem Unrechtsbewusstsein heraus unvorsichtig handeln.
Unverhältnismäßigkeit
Auch die Unverhältnismäßigkeit der Richtlinie wird von Datenschützern scharf kritisiert. Schließlich erlaubt die Richtlinie Eingriffe in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - ein Grundrecht, das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. "Für einen solchen staatlichen Eingriff bedarf es einer Rechtfertigung", mahnt Christian Schmaus vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte. Ein Eingriff sei nur bei "Vorliegen von Verdachtsmomenten zulässig".
Abgesehen von der Richtlinie ärgern sich Datenschützer über die österreichische Umsetzung, die nach ihrer Meinung weit über das Ziel hinaus schießt.
Denn der Kreis der Delikte, bei dem die gespeicherten Daten herausgegeben werden müssen, ist mit einem niedrigen Strafniveau weit gesteckt. Die Polizei kann dann auf die Daten zugreifen, wenn es um eine Straftat geht, die mit einer mehr als einer einjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist. Darunter fallen unter anderem Amtsmissbrauch, Stalking, und diverse Fahrlässigkeitsdelikte.
Christine Stockhammer, die Sprecherin des Justizministeriums, versucht zu beruhigen: "Es wird nicht alles gescreent und überwacht", stellt sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" klar. Die Daten werden lediglich gespeichert, ein Zugriff darauf ist nur mit richterlichem Beschluss möglich.
Anwälte übergangen
Kritik an dem Gesetz wollten eigentlich auch die heimischen Rechtsanwälte üben. Doch "uns ist kein Entwurf zur Begutachtung zugestellt worden", ärgert sich Gerhard Benn-Ibler, der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (Örak).
Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" beteuert er, von der geplanten Gesetzesänderung nichts gewusst zu haben. Dabei sei der Örak ermächtigt, "zu allen Gesetzesentwürfen eine Stellungnahme abzugeben".
Aus dem Verkehrsministerium will man Benn-Ibler dieses Recht nicht verwehren. Schließlich könne jeder auf der Homepage des Ressorts eine Stellungnahme abgeben, heißt es.