Kontroverse Reaktionen auf EU-Agrarreform in Österreich. | Subventionen: Den Deutschen zu wenig, den Briten zu viel. | Brüssel/Wien. Die Agrarpolitik macht rund 40 Prozent des EU-Haushalts aus. Da die enormen Produktionsüberschüsse der Vergangenheit angehören und landwirtschaftliche Güter hohe Marktpreise wie seit Jahren nicht erzielen, will die EU-Kommission die Förderungen reduzieren.
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Pröll: Entwurf "in vielen Bereichen annehmbar"
Wie berichtet soll deshalb die Förderpolitik in einer Übergangsphase von 2009 bis 2012 an die Marktverhältnisse angepasst werden. In Österreich ruft der Gesetzesentwurf kontroverse Reaktionen hervor. Überzogen oder zu zahm - die Beurteilung ist stark von Lobby-Interessen geprägt.
Als "in vielen Bereichen annehmbar" bezeichnet Landwirtschaftsminister Josef Pröll die Vorschläge. Bei der stufenweisen Anhebung der Milchquoten sei jedoch "das letzte Wort noch nicht gesprochen". Bis zur Beschlussfassung im Oktober 2008 müsse es noch Änderungen geben.
Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski hofft weiter, dass die Milchquote 2015 nicht zur Gänze wegfällt. Er fordert eine Unterstützung für die Bauern in Berg- und benachteiligten Gebieten: Diese seien kaum wettbewerbsfähig, wenn die Milchquote abgeschafft wird, die Produktionsmenge steigt und die Preise sinken.
Bisher mussten Landwirte einen Teil ihrer Anbaufläche stilllegen. Diese Regelung soll wegen der aktuellen Getreideknappheit fallen - eine Maßnahme, die Wlodkowski begrüßt. Umweltschutzorganisationen befürchten jedoch, dass das Wegfallen der Brache die Artenvielfalt bedroht.
Interventionskäufe und Lagerhaltung zur Preissteuerung möchte die Kommission künftig reduzieren oder bei einigen Erzeugnissen einstellen. Wlodkowski hält das für problematisch: "Dieses Steuerungsinstrument sollte es auch in Zukunft geben. Allzu starke Preisausschläge bringen den Markt durcheinander."
Der EU-Abgeordneten Agnes Schierhuber (ÖVP) geht die Kürzung der Förderungen zu weit: Sie möchte, dass Direktzahlungen an Betriebe in Höhe von bis zu 10.000 Euro überhaupt nicht gekürzt werden. Als "zahm" bezeichnete indes der EU-Abgeordnete Herbert Bösch (SPÖ) das Kommissionspapier: Er hätte sich stärkere Kürzungen für große Betriebe erwartet. Österreich solle eine aktivere Rolle bei der "Umverteilung der Mittel von den industriellen Großbetrieben zur ländlichen Entwicklung spielen."
Ähnlich die Grünen: "Statt auf die Stärkung des Biolandbaus und der kleinbäuerlichen Strukturen setzt die EU auf die Beibehaltung eines agroindustriellen Kurses", so Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber. Zu wenig ambitioniert sind die Ideen auch den Biobauern: "Die Chance zur Ökologisierung wird mit den vorgelegten Gesetzesentwürfen nicht wahrgenommen", kritisiert deren Obmann Rudolf Vierbauch.
Deutsche und Briten: pro und contra Fördern
Die Kürzung der Subventionen trifft Großbetriebe am stärksten; aber deutlich weniger als noch im Herbst geplant. Die Mittel für Betriebe, die mehr als 300.000 Euro erhalten, werden um maximal 22 Prozent gekürzt. Ursprünglich sollten es bis zu 45 Prozent sein. Betroffen sind vor allem Agrargroßbetriebe in Großbritannien, Ostdeutschland und Frankreich.
Die Positionen der Länder sind jedoch sehr unterschiedlich: Die Briten hätten sich Vorteile erhofft, wären die Subventionen ganz weggefallen. Deutschlands Landwirtschaftsminister Horst Seehofer lehnt eine stärkere Reduktion der Förderungen strikt ab.