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Uhr tickt für Abfertigungs-Umsteiger

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Durchschnittliche Vorlaufzeit von rund zwei Monaten. | Im Vorjahr rund 1500 Personen übergetreten. | Wien. So manch lang gedienter Arbeitnehmer könnte in den kommenden Monaten Post vom Chef erhalten: Ende 2012 läuft die Frist für einen Voll-Umstieg vom System der Abfertigung Alt in jenes der 2003 in Kraft getretenen Abfertigung Neu aus. Wer sein Dienstverhältnis bereits zuvor begonnen hat und noch nicht gewechselt ist, steht nun möglicherweise bald vor einer Entscheidung, die gut vorbereitet und wohl überlegt sein sollte. Das gilt natürlich genauso für die betroffenen Dienstgeber.


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"Die bisherigen Auswertungen der Anzahl der Voll-Übertritte im Zeitverlauf zeigen eine sehr starke Nachfrage in der Anfangsphase, also in den Jahren 2003 bis 2005", so Andreas Zakostelsky, Chef von Valida Vorsorge Management. Valida betreibt nicht nur eine jener Betrieblichen Vorsorgekassen, in der Abfertigungsgelder aus der Abfertigung Neu verwaltet werden, sondern bietet diesbezüglich auch Beratungsleistungen an. "Aufgrund des Auslaufens der Frist für den Voll-Übertritt wird das Thema erneut an Bedeutung gewinnen", so Zakostelsky, der mit einem Anstieg der Nachfrage rechnet.

Anspruch verfällt nicht

Bei einem Voll-Umstieg werden Abfertigungsansprüche, die nach dem alten System entstanden sind, in eine Betriebliche Vorsorgekasse übertragen. Wie viel Geld das tatsächlich ist, hängt von einer individuell notwendigen Vereinbarung zwischen dem jeweiligen Arbeitnehmer und seinem Dienstgeber ab.

Laut der Plattform der Betrieblichen Vorsorgekassen der Wirtschaftskammer Österreich haben im Vorjahr 526 Dienstgeber für insgesamt 1468 Personen Übertragungen ins System der Abfertigung Neu vorgenommen. Das Gesamtvolumen belief sich auf 26,48 Millionen Euro. 2009 waren es 22 Millionen Euro für insgesamt 1753 Mitarbeiter von 686 Firmen.

"Im Normalfall benötigt ein Unternehmen für die Abwicklung eines Voll-Übertritts rund zwei Monate", meint Zakostelsky: einen Monat für die eigene Evaluierung und einen weiteren Monat für die Entscheidung der Mitarbeiter.

Laut Zakostelsky profitiert das Unternehmen dahingehend, dass es keine eigenen Abfertigungsrückstellungen mehr bilden muss und die Beiträge von 1,53 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts steuerlich als Betriebsausgabe absetzbar sind. Der Arbeitnehmer hingegen könne sich auf die Unverfallbarkeit des Guthabens verlassen. Bei einer Auszahlung des angesparten Kapitals als Zusatzpension entfalle sogar der sechsprozentige Lohnsteuerabzug.

"Einzelfall betrachten"

Josef Wöss, Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien, hält einen Übertritt in die Abfertigung Neu aus Arbeitnehmersicht dann für sinnvoll, wenn sich der Betroffene die Option eines Arbeitgeberwechsels offenhalten möchte. Kündigt der Mitarbeiter nämlich selbst, entfällt der Anspruch auf Abfertigung nach dem alten System vollständig.

Abgesehen von dieser Überlegung würde sich ein Abfertigungswechsel aber nicht rechnen, meint Wöss. Gestaffelt nach Dienstjahren steigen in der Abfertigung Alt die Ansprüche auf bis zu zwölf Monatsentgelte. Bei der Abfertigung Neu wird dieser Wert erst dann in etwa erreicht, wenn das Veranlagungsergebnis der Vorsorgekassen sechs Prozent pro Jahr erreicht. Bisher liegt die Performance jedoch - teilweise deutlich - darunter.

Wöss rät Arbeitnehmern, bei ihrer Entscheidung darauf zu achten, ob sie in der Abfertigung Alt gerade vor dem Sprung in die nächsthöhere Abfertigungs-Klasse stehen. Grundsätzlich müsse jeder Fall einzeln betrachtet werden.

Der Arbeiterkammer-Experte schließt übrigens nicht aus, dass die gesetzliche Frist für Voll-Übertritte noch verlängert werden könnte. Für die zweite Variante - den Teil-Übertritt - gilt diese ohnehin nicht. Dabei werden alte Ansprüche eingefroren, neue entstehen nur noch nach dem System der Abfertigung Neu.