Zum Hauptinhalt springen

Uhr tickt für Hypo-Aufarbeitung

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Ex-Finanzminister Josef Pröll kritisiert im U-Ausschuss Alteigentümer. | CSI-Chef Peschorn: "Republik hat nicht dumm verhandelt." | Klagenfurt. Eigentlich wollte die BayernLB Ende 2009 durch die Abgabe der Hypo Alpe Adria an die Republik Österreich einen Schlussstrich unter ihr verlustträchtiges Engagement bei der Kärntner Bank ziehen. Geht es nach denen, die damals auf Seiten des Bundes die Notverstaatlichung verhandelt haben, kann man sich im Freistaat jedoch noch nicht zurücklehnen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Von Seiten der Republik sei zwar auf manche Gewährleistungen verzichtet worden, eine Anfechtung wegen Irrtums, Arglist oder Täuschung sei davon jedoch nicht umfasst, so Ex-Finanzminister Josef Pröll am Mittwoch im Hypo-Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtags. Auf dieser Basis könnten natürlich die Alteigentümer zur Verantwortung gezogen worden.

"Der Bund hat nicht dumm verhandelt", betont Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur und Chef der Ermittlertruppe CSI-Hypo, der damals beratend tätig gewesen ist. Weil man sich Anfechtungsmöglichkeiten offengehalten habe, arbeite man nun die Vergangenheit der Kärntner Bank auf, um "allfällige Leichen" zu finden. "Die Tätigkeit der BayernLB von 2007 bis 2009 ist kein schwarzes Loch", so Peschorn: "Das wird untersucht."

Dabei tickt allerdings die Uhr: Für eine Anfechtung wegen Irrtums gelte eine Frist von drei Jahren. Rechtzeitig fertig zu werden, um Ansprüche durchzusetzen, sei "eine Herausforderung", erklärt der Chef der Finanzprokuratur, die generell den Bund in Rechtsfragen unterstützt: "Wir achten auf dieses Thema." Was die Kosten für die CSI-Ermittler betrifft, bezeichnet Peschorn die zuletzt von der Hypo veröffentlichte Summe von 18,6 Millionen Euro lediglich als Rahmenbetrag. Tatsächlich angefallen seien bisher 6,8 Millionen Euro.

Keine Alternativen

Gefragt nach der Notwendigkeit der Notverstaatlichung an sich, betonen Pröll und sein damaliger Mit-Verhandler, Finanzstaatssekretär Andreas Schieder, vor dem Ausschuss, dass es keine gangbaren Alternativen gegeben hätte. Pröll meint auch, man hätte die Alteigentümer nicht - über die ohnehin geleisteten Sanierungsbeiträge hinaus - in die Pflicht nehmen können: "Ich hatte kein einziges Ass im Ärmel", so Pröll. Die Landeshaftungen Kärntens für die Hypo im Ausmaß von damals rund 20 Milliarden Euro hätten seine Verhandlungsposition massiv untergraben. Bei einer Pleite der Bank wären diese schlagend geworden, was nicht nur Kärnten, sondern ganz Österreich in Mitleidenschaft gezogen hätte, erklärt der Ex-Finanzminister. "Das hätte das österreichische Defizit über Nacht in schwindelerregende Höhen getrieben", meint auch Schieder.

Die Experten von Finanzmarktaufsicht und Nationalbank hätten zudem vor einem "Lehman-Effekt" für Südosteuropa gewarnt, erzählt Peschorn. Der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers stürzte im Herbst 2008 das weltweite Finanzsystem ins Chaos. Selbst die - noch vergleichsweise milde - Verhängung einer Geschäftsaufsicht für die Hypo, hätte zum Schlagendwerden der Landeshaftungen geführt, so Peschorn. Am Tag der Notverstaatlichung wäre - bevor eine Einigung erzielt werden konnte - sogar schon ein Aufsichtskommissär nach Kärnten unterwegs gewesen. Insgesamt sieht Pröll in der damaligen Weigerung der Altaktionäre BayernLB, Land Kärnten und Grawe, die Hypo aus eigener Kraft zu retten, eine "schwere Eigentümerverletzung".