Zum Hauptinhalt springen

Uhren im Vatikan andersrum?

Von Alexandra Grass

Politik

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Auch wenn so manch prominente Kirchenvertreter hierzulande von "Krankheit, überhöhtem gesundheitlichem Risiko oder einfach Sünde" sprechen, so gehen im Vatikan - rein juristisch gesehen - die Uhren scheinbar andersrum.

Wie die "Plattform gegen §209" erst vor kurzem in einer Aussendung feststellte, enthalte das Strafgesetz des Vatikanstaates keinerlei Sonderregelungen für homosexuelle Beziehungen. Von einem Schutzalter von 18 Jahren, wie in §209 festgeschrieben, ganz zu schweigen. So liegt im Vatikan das Mindestalter für sexuelle Kontakte groteskerweise einheitlich bei 12 (!!!) Jahren. Sogar für sexuelle Kontakte in Autoritätsverhätlnissen (etwa Lehrer/Schüler) sei laut Gesetz eine Altersgrenze von lediglich 15 Jahren vorgesehen.

Bei seiner Gründung im Jahre 1929 hatte der Vatikanstaat das damals geltende italienische Strafgesetzbuch aus dem Jahre 1889 übernommen. Italien selbst hat 1930 ein neues Strafgesetzbuch verabschiedet, das heute noch gilt, und die Mindestaltergrenze darin von 12 auf 14 Jahre angehoben. Der Vatikan habe diese Änderung laut Aussendung ebenso wenig nachvollzogen wie die Anhebung der Altersgrenze bei Autoritätsverhältnissen von 15 auf 16 Jahre.

Helmut Graupner, Sprecher der Plattform, wirft den Kirchenvertretern "scheinheilige Einmischung in die weltliche Gesetzgebung frei nach dem Motto Wasser predigen und Wein trinken" vor. Sein Appell: "Schweigen in Demut wäre angebracht."