Neue Designs und Lebensgewohnheiten retten Uhrenbranche aus der Krise. | Schweizer Luxusuhren landen zur Hälfte in China. | Wien. "Die Schweizer Uhrenindustrie muss neue Produkte entwickeln und in neue Technologien investieren. Ansonsten befindet sie sich in fünf Jahren in einer großen Krise." Mit diesen Worten ließ der verstorbene Swatch-Gründer Nicolas G. Hayek vor Jahren aufhorchen. Er lag, angesichts der Wirtschaftskrise, nicht weit daneben - zum Glück sind jedoch seine Schweizer Kollegen dem Rat des Uhrenkönigs gefolgt.
Nach einem Exportminus von 23 Prozent und 4200 abgebauten Jobs 2009 legte der Uhrenverkauf aus der Alpenrepublik 2010 erstmals seit dem dritten Quartal 2008 wieder zu. Von Jänner bis März 2010 stiegen die Exporte gegenüber der Vorjahresperiode um 6,9 Prozent auf 32,9 Milliarden Euro. Während die Konsumenten in Europa und den USA noch verunsichert sind, zählt Asien zu den verheißungsvollen Abnehmern: "Seit letztem Jahr haben sich die Ausfuhren nach Fernost von 48 Prozent auf 55 Prozent erhöht", berichtet Jean-Daniel Pasche, Präsident des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie. Europas Anteil betrug im Vergleich dazu 29, jener der USA 14 Prozent.
In Stückzahlen gemessen sind zwar die Chinesen selbst mit ihren Billigfabrikaten zum größten Uhrenproduzenten der Welt aufgestiegen. Umsatzmäßig liegt die Schweiz mit 50 Prozent aller lukrierten Uhrenumsätze aber nach wie vor an der Spitze. Von Modemarken wie Swatch bis hin zu Nobelbrands wie Patek Philippe sind die eidgenössischen Produzenten in allen Segmenten vertreten. "Das große Geld wird aber im Luxussegment verdient und nicht mit der Massenware", erklärt Pasche. Der Durchschnittspreis einer Schweizer Uhr liegt konstant bei stolzen 450 Euro.
Aus für Firmungs-Uhren
Verändert hat sich im Laufe der Zeit freilich das Konsumentenverhalten: Es seien nicht mehr die großen Ereignisse im Leben der Menschen, die zum Kauf einer Uhr führen, so Pasche. Dafür würden heute Frauen als selbständige Konsumentinnen häufiger Uhren kaufen. Gleichzeitig profitiert die Industrie vom Trend, dass Verbraucher sich mehrere Uhren für unterschiedliche Ereignisse - von der Arbeit bis zur Abendunterhaltung - zulegen.
Kein Öl, kein Service
Eine ruhige Zeit können sich die Uhrenhersteller dennoch nicht gönnen. "Wir wissen, dass es keine Uhr mehr braucht, um einen Zeitanzeiger zu haben", sagt der Schweizer Uhrenpräsident im Hinblick auf die Konkurrenz von Handy & Co. Sein Bestreben: "Die Uhr muss wie ein wertvolles Schmuck- oder Modestück betrachtet werden."
Gelingen soll dies mit neuen Designs und Technologien. So sind die Zeitmesser heute viel bunter, größer und besser auf das Geschlecht abgestimmt. Löcher im Zifferblatt gewähren Uhr-Liebhabern mittlerweile auch einen genaueren Einblick ins Uhrwerk.
Das jüngste Experiment: Die Branche arbeitet daran, mechanische Uhren mit neuen Materialien herzustellen, die keine Ölschmierung benötigen. Dadurch müsse die Uhr weniger oft zum Service gebracht werden, erklärt Pasche.