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Politologe: Parlamentswahlen ändern nichts an Krise. | Wien/Kiew. Der Politologe Gerhard Mangott fällt ein harsches Urteil über die politische Elite der Ukraine: Diese hätte schlichtweg versagt. Ihre persönliche Rivalitäten und ihr Machthunger hätten nachhaltige Reformen verhindert. Auch die für 30. September anberaumten Parlamentswahlen könnten daran nichts ändern, da die Protagonisten wieder dieselben wären.
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Die Neuwahlen wurden notwendig, da Präsident Wiktor Juschtschenko das Parlament aufgelöst hatte. Juschtschenko wollte damit den zunehmenden Fraktionswechseln von oppositionellen Abgeordneten in das Lager seines Rivalen, Premier Wiktor Janukowitsch, Einhalt gebieten.
Die neuerliche Wahl soll nun mehr Stabilität bringen. Mangott zufolge ist das jedoch eine trügerische Hoffnung. Unklarheiten rund um die Verfassung oder die Verbindungen aller Großparteien zur Oligarchie würden bestehen bleiben, sagte er bei einer Podiumsdiskussion des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa. "Nach den Wahlen wird die Krise fortgesetzt", prognostizierte Mangott.
Missbrauch von Recht
Eine begrenzte Hoffnung für die Zukunft sieht hingegen Iris Krempe vom Centrum für angewandte Politikforschung. Sie sprach zwar davon, dass "Recht und Gesetz als Instrumente politischer Strategie missbraucht werden". Gleichzeitig wies sie jedoch darauf hin, dass es - etwa im Gegensatz zu Russland - Medienfreiheit, politischen Pluralismus und faire Wahlen gebe. Verbesserungen seien eine Frage der Zeit.
Der ukrainische Journalist Juri Durkot meinte, dass vor allem Juschtschenko während seiner bisherigen Amtszeit bewiesen hätte, dass er demokratische Reformen voranzutreiben versuche. Generell sei das sogenannte orangene Lager rund um Juschtschenko und Ex-Premierministerin Julia Timoschenko rechtsstaatlicher orientiert als die Partei der Regionen des amtierenden Regierungschefs Janukowitsch.
Das orangene Lager hat sich aber zerstritten, nachdem der Präsident Timoschenko 2005 als Premierministerin entlassen hatte. Nun könnte es aber vor den Wahlen zu einer Wiedervereinigung kommen. Juschtschenko hat Timoschenko ein neuerliches Bündnis angeboten. Umfragen sehen Juschtschenkos Partei Unsere Ukraine bei 14 Prozent, den Block Julia Timoschenko bei 21 Prozent, während die Partei der Regionen mit 31 Prozent der Stimmen voran liegt.