Retourkutsche für restriktive EU-Visapolitik? | Wien/Kiew. Die Ukraine beabsichtigt, die 2005 und 2007 schrittweise eingeführte Visafreiheit für EU-Bürger wieder abzuschaffen. Der Vertreter von Präsident Wiktor Juschtschenko im Parlament, Igor Popow, kündigte über Radio an, "demnächst" das visafreie Regime mit Europa annullieren zu wollen. Die Ukraine werde "davon profitieren", fügte Popow noch hinzu. "Das wird sich sehr schnell vollziehen. Möglicherweise sogar noch vor dem Prager Treffen am 7. Mai dieses Jahres", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Sekretariats des Präsidenten laut der Zeitung "Kommersant". Im Mai ist in Prag der Gründungsgipfel der EU-Ostpartnerschaft geplant, an dem die Ukraine teilnimmt.
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Für Empörung in deutschsprachigen Ukraine-Plattformen im Internet sorgte vor allem die Begründung Popows. "Unsere Organe der Rechtspflege beschweren sich ständig, dass ihnen - dadurch, dass die Europäer zu uns ohne Visum einreisen - alle drei Monate irgendein Pädophiler oder Verrückter ins Netz geht", hatte der Politiker gesagt.
"Erniedrigend"
Nachdem Präsident Juschtschenko bei seinem Besuch im EU-Vorsitzland Tschechien im März keine Visaerleichterungen für Ukrainer erreichen konnte, hatte bereits der Chef des Präsidialamtes, Wiktor Baloha, eine Rücknahme der einseitigen Aufhebung der Visapflicht ins Auge gefasst. Seine Argumente lassen auch eher Rückschlüsse auf die tatsächlichen Motive zu als die angebliche Angst vor einer Invasion Pädophiler. Baloha beklagte vor allem die Hürden für Ukrainer in den "neuen" Schengen-Staaten und nannte die "Visaleiden", mit denen seine Staatsbürger konfrontiert werden, "erniedrigend". Kiew wolle die europäischen Regierungen bewegen, "uns mit realen und nicht mit deklarativen Schritten entgegenzukommen", sagte der Politiker, der auch Chef der neuen, präsidentennahen Partei "Einheitliches Zentrum" ist.
Wollte Kiew die Maßnahme als Druckmittel verwenden, ist der Zeitpunkt günstig: Mittwoch nächster Woche finden Gespräche zwischen ukrainischen und EU-Experten über Visafragen statt. Am 6. Mai, einen Tag vor dem großen Gründungsgipfel, will man eine Einigung erzielt haben.