)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Vor der Abstimmung über das neue Spar-, Reform- und Privatisierungsprogramm im Athener Parlament liegen die Nerven in Brüssel blank. Gerätselt wird, wie Griechenland im äußersten Fall liquide gehalten werden kann. Denn die beständige Verweigerung der konservativen Opposition um den "Neuen Demokraten" Antonis Samaras und der mit 155 von 300 Stimmen ziemlich knappe Überhang der sozialdemokratischen Regierung von Premier Giorgos Papandreou lassen ein Scheitern nicht unmöglich erscheinen.
Der zunehmende Druck der Straße könnte dem einen oder anderen Sozialdemokraten schon den Schneid abkaufen. Daher erhöhte Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Dienstag noch einmal den Druck auf die Griechen und stellte offiziell klar, dass es keinen Plan B zur Vermeidung einer "sofortigen" griechischen Pleite gebe, wenn das Votum negativ ausgeht.
Die nächste Tranche des laufenden 110 Milliarden Euro schweren Hilfspakets über 12 Milliarden Euro könnte laut Beschlüssen der Eurofinanzminister und des EU-Gipfels nicht ausbezahlt werden. Griechenland wäre laut Eigenaussage ab Mitte Juli nicht mehr im Stande, seine Schuldenrückzahlungen zu bedienen und würde in eine unkontrollierte Pleite rutschen. Dieser Absturz vernichtete nicht nur die griechischen Banken und schickte damit die griechische Wirtschaft vollends ins Nirwana. Er würde auch Schockwellen durch die Finanzwelt schicken, die Experten schon lange als "schlimmer als Lehman" bezeichnen - den Zusammenbruch jener US-Großbank, welcher im Herbst 2008 die weltweite Finanzkrise ausgelöst hatte.
Denn weit mehr als die Hälfte des gut 340 Milliarden Euro schweren Schuldenbergs hat sich Griechenland im Ausland ausgeborgt, EU-Banken müssten einen Großteil davon abschreiben. Und durch die tatsächliche Pleite eines Eurolands sinkt das Vertrauen der Märkte in die gesamte Eurozone; vor allem ohnehin bereits problematische Länder wie Portugal, Irland und womöglich Spanien oder Belgien könnten in den Sog hineingezogen werden.
Die Ratingagenturen scharren wahrscheinlich schon in den Startlöchern für großflächige Abwertungen, welche die Refinanzierungskosten für verdächtige Euroländer in bisher unbekannte Höhen treiben könnten. Neue und teurere - vielleicht unbezahlbare - Rettungsaktionen drohten.
Da mutet es schon irrwitzig an, sich keine Gedanken über einen Notfallplan bei einem griechischen Nein zu machen, um die drohende Katastrophe zu verhindern. Die oft beschworene Stabilität der Eurozone würde von einer Handvoll griechischer Abgeordneten abhängig gemacht. Die Griechen dürften daher unabhängig vom Ausgang der Abstimmung auf die eine oder andere Art vorläufig Geld für ihre Schuldenrückzahlungen erhalten. Das ohnehin angeschlagene Vertrauen der Eurokollegen in ihr schwächstes Mitglied wäre damit freilich endgültig ruiniert.