Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband will bei EPUs punkten und wettert gegen SVA.
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Wien. "Die fixen Jobs in der Wirtschaft gibt es heute nicht mehr. Es gibt mittlerweile in fast allen Sparten der WKO Ein-Personen-Unternehmer", sagt Geronimo Hirschal, EPU-Sprecher des SPÖ- nahen Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands (SWV), im Rahmen einer SPÖ-Klubenquete im Parlament. Bei der kommenden Wirtschaftskammerwahl will der SWV vor allem bei Klein- und Ein-Personen-Unternehmen punkten und setzt im Wahlkampf auf soziale Absicherung für EPUs.
"Über 60 Prozent der Mitglieder in der Wirtschaftskammer Wien sind EPUs", sagt Hirschal. Österreichweit sind es mittlerweile 57 Prozent. Und diese Gruppe gilt es nun verstärkt zu mobilisieren. Der SWV ist nach der letzten Kammerwahl 2010 zweitstärkste Fraktion in der WKO, nach dem ÖVP-nahen Wirtschaftsbund. 2010 kam der SWV auf 11,8 Prozent der Unternehmerstimmen. Ende Februar sollen "ein paar Prozent" hinzu kommen, sagt SWV-Spitzenkandidat Christoph Matznetter.
"Neue soziale Klasse"
Untersuchungen der Arbeiterkammer zeigen, dass heute die Hälfte der Selbständigen weniger als 12.000 Euro im Jahr verdienen. In der Kreativbranche, welcher die SPÖ-Enquete im Parament gewidmet ist, liegt das Medianeinkommen mit 16.000 bis 19.000 Euro jährlich leicht über Personen mit eingerechnet, die neben einer unselbständigen Beschäftigung auch selbständig tätig sind. Laut dem österreichischen Kreativbericht 2013 sind insgesamt 38.000 Unternehmen mit 130.000 Erwerbstätigen in der Kreativwirtschaft tätig - zum Beispiel im Bereich Grafikdesign, Fotografie oder Musik. Sie erwirtschaften 20 Milliarden Euro jährlich. Zwei Drittel dieser Betriebe sind EPUs. Angesichts dieser Größenordnungen spricht Elisabeth Hakel, Kunst- und Kultursprecherin der SPÖ, von einer "neuen sozialen Klasse", die mit Prekariat und sozialer Unsicherheit zu kämpfen habe.
Diese Gruppe möchte nun Spitzenkandidat Matznetter stärker in der Wirtschaftskammer verankern. Im Vorfeld der Wahl kritisiert er etwa, dass EPUs in der Wiener Kammer mit nur vier Abgeordneten vertreten sind, bei insgesamt 60.000 Unternehmen. Die 120 Banken kämen auf zehn Abgeordnete. Deshalb spricht er sich für eine neue Wahlordnung aus.
Viel Kritik an SVA
"Die bestehende Gewerbeordnung fördert nicht Innovationen, und die SVA ist nicht für EPUs geschaffen", sagt EPU-Sprecher Hirschal. Viel Kritik hagelt es folglich in Richtung der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA). Dass Krankengeld erst ab dem 43. Tag ausbezahlt werde, sei fatal für kleine Unternehmer. Er fordert auch eine Abschaffung des Selbstbehalts von derzeit 20 Prozent. Außerdem seien die Beiträge zu hoch. Viele kleine Selbständige könnten sich weder Krankenstände noch Urlaube leisten. "EPUs fürchten sich davor, dass es sich nicht ausgeht und sie in eine existenzielle Krise schlittern", sagt der Unternehmensberater Thomas Beck. Das Thema SVA ist im Wahlkampf deshalb zentral, weil die Wirtschaftskammer auch die Politik der SVA mitbestimmt.
Anders als der Wirtschaftsbund spricht sich der SWV für die Registrierkassenpflicht aus und warnt vor allzu großzügigen Reformen in der Gewerbeordnung, weil das Missbrauch und Scheinselbständigkeit fördern könnte. Um die Gunst der Kleinstunternehmer und der Kreativen buhlt der Wirtschaftsverband nicht allein. Hier wollen auch die Grüne Wirtschaft und die Neos-nahen Unos, die erstmals zur WKO-Wahl antreten, Stimmen holen. In dieser Gruppe ist die Wahlbeteiligung erfahrungsgemäß geringer. Die kleineren Fraktionen wollen, zumindest in Wien, die Mehrheit des Wirtschaftsbundes beenden.
Denn während in den meisten Bundesländern die Macht des ÖVP-nahen Wirtschaftsbunds zementiert scheint, könnte es in Wien spannend werden. Hier kam er schon bei den letzten Wahlen auf eine hauchdünne Mehrheit von 50,3 Prozent der Stimmen - bei einer Wahlbeteiligung von gerade einmal 29 Prozent.