)
Atomtransport hat sein Ziel erreicht. | Berlin. Sitzblockaden, Bauern, die sich mit ihren Armen an eine Betonpyramide gekettet hatten, Schafe und Ziegen, die auf die Straße getrieben worden waren und schließlich ein getarnter Lkw, der stundenlang die zwei möglichen Routen des Castor-Transportes blockierte: Die Atomkraftgegner kämpften bis zum Schluss - und Schluss war erst am Dienstag um zehn vor zehn in der Früh. Zu diesem Zeitpunkt rollte der letzte Schwertransporter mit hochradioaktivem Abfall in das Atommüllager Gorleben in Niedersachsen. Am Freitag war der Castortransport von der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague aus mit elf Spezialbehältern - insgesamt 123 Tonnen Gift - gestartet.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Man muss den Standort Gorleben sofort aufgeben", sagt Tobias Riedl zur "Wiener Zeitung". Kurz zuvor hat der Atomexperte von Greenpeace noch jenen Lkw begleitet, der stundenlang für Aufregung sorgte. Aktivisten der Umweltschutzorganisation hatten das Fahrzeug vor Monaten von einer kleinen Brauerei gekauft und waren damit nun nach Niedersachsen gekommen. Die Kontrollen passierten sie, weil auf dem Lkw "Hütt Luxus Pils" zu lesen war. Später bei Gorleben enttarnt, konnte man einen Totenkopf sehen und den Aufdruck: "Atomkraft ist ein Irrweg! Stop Castor!" Im Lkw hatten zwei der Aktivisten ihre Beine in Röhren befestigt, die im Asphalt verkeilt waren.
Erst kürzlich hat Greenpeace nach Studium von Akten der Bundesanstalten für Geowissenschaften publik gemacht, dass im Salzstock Gorleben Gas entdeckt worden ist. Dieses, so Greenpeace, könnte explodieren. Außerdem würde der hochradioaktive Müll Wärme entwickeln, die die Gase ausdehnen lasse. So entstünde Druck: Risse im Salzstock seien die Folge.
Es ist nicht das einzige Argument der Organisation gegen Gorleben. Auch, dass die Stätte das gleiche Wirtsgestein wie das marode Lager Asse hat, schürt Zweifel. Die Rot-Grüne Regierung hatte im Jahr 2000 eine Bauunterbrechung mit den Investoren, den vier großen Energieunternehmen, vereinbart: Man wollte Alternativen untersuchen.
Dazu ist es nie gekommen, im Gegenteil: Kürzlich hat Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) das Moratorium aufgehoben. Das werten Atomkraftgegner als Zusage für Gorleben als Endlager. Röttgen dagegen sagt, Gorleben werde "ergebnisoffen" auf seine Standorttauglichkeit geprüft. "Immer dann, wenn ein neues AKW gebaut werden soll, beschwichtigen Politiker die Bevölkerung und sagen, man findet ein Endlager", sagt Greenpeace-Experte Riedl. "Aber man findet keins." Indes berichtet die "Süddeutsche", dass die Regierung 951 bestrahlte Brennelemente der DDR-Forschungsanlage Rossendorf aus dem Zwischenlager Ahaus in die russische Wiederaufbereitungsanlage Majak schicken will. Das Atomzentrum gilt als unsicher und unzuverlässig. Der benachbarte Karatschai-See ist einer der gefährlichsten Orte der Welt: Er ist hochverstrahlt.