Allzuviel ist über die Hintergründe der versuchten Anschläge in Großbritannien noch nicht bekannt. Wenn sich bestätigt, dass es sich bei den Tätern um keine britischen Staatsbürger handelt, wird man dies auf der Insel mit Erleichterung vernehmen, auch seitens der vielen Muslime des Landes. Denn die Tatsache, dass hinter den letzten Terrorbedrohungen heimatliche Islamisten steckten, hat zu starken Spannungen in der multikulturellen britischen Gesellschaft geführt.
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Dass die höchste Sicherheitsstufe ausgerufen wurde, überrascht nicht, da die Attentäter Autobomben-Anschläge wie im Irak begehen wollten, und zwar in dem Staat, der seine Soldaten in den Irak geschickt hat. Nur eine Mischung von Glück, Sicherheitssperren (am Flughafen von Glasgow) und Unfähigkeit der Terroristen hat verhindert, dass nicht hunderte Menschen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Trotz alledem scheinen zumindest die Londoner von der Terrorgefahr recht unbeeindruckt - vielleicht infolge des Gewöhnungseffekts, liegen doch die Anschläge der nordirischen IRA gerade erst einige Jahre zurück.
Beobachter merken auch an, dass der neue Premier Gordon Brown in seinen ersten Reaktionen nicht nur zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen versprach wie sein Vorgänger Tony Blair, sondern eine Antwort auch im Kampf um die Hirne und Herzen der Muslime sucht. Und auch als er laut über neue Antiterrorgesetze nachdachte, war Brown vorsichtig. Seine Überlegung, Anhaltungen durch die Polizei über 30 Tage hinaus auszudehnen, ergänzte er durch das Versprechen, dass es dabei auf jeden Fall richterliche Überprüfungen geben müsse. Blair war mit dieser Gesetzesverschärfung gescheitert.
Gegenüber dieser relativen Gelassenheit muten die Bemühungen der USA, Sicherheitslücken zu schließen, oft absurd an, wie etwa Abnahme von Fingerabdrücken am Flughafen, Sicherheits-Checkliste im Internet oder - wie jetzt angekündigt - mehr "Air Marshals" in den Flugzeugen.
Ein anderer Streich, der sich gegen die "Unterstützerstaaten" von Terroristen (Kuba, Iran, Nordkorea, Sudan, Syrien) richtet, hat unlängst in Unternehmerkreisen für Aufregung gesorgt. Meist Konzerne außerhalb der USA, wie Unilever, Cadbury, Nokia, Siemens oder Total, wehrten sich dagegen, auf einer schwarzen Liste aufzuscheinen. Die "Securities and Exchange Commission", eine US-Behörde, hat darin all jene Konzerne angeführt, die mit diesen Schurkenstaaten Geschäfte machen.
Daraus werde aber weder der Umfang des Engagements klar noch, ob sie sich unter dem US-Druck nicht ohnehin zurückziehen, beschweren sich die Firmen. Kritik übt auch eine Organisation, die gegen ausländische Investitionen im Sudan auftritt: Von den Unternehmen, die sie selbst der Geschäftemacherei im Sudan beschuldigt, steht kein einziges auf der Liste der Kommission. Seite 5