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UMP schadet sich selbst

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Sozialisten werden wieder aktiv. | Schulterschluss hilft de Villepin. | Frankreichs Premier Dominique de Villepin konnte beruhigt der Abstimmung über den gegen ihn eingebrachten Misstrauensantrag entgegensehen. Seine konservative Regierungspartei UMP hält mit 364 Abgeordneten die klare Mehrheit in dem 577 Sitze fassenden Parlament. Viel konnte dem Premier da am Dienstag nicht passieren.


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Auf die leichte Schulter nehmen de Villepin und seine UMP die Angelegenheit aber sicher dennoch nicht. Denn mit der Clearstream-Affäre und dem folgenden Misstrauensantrag steht die UMP seit langem wieder im Parteikampf.

Das von der Sozialistischen Partei (PS) eingebrachte Votum zeigt, dass die Linke aus ihrem Winterschlaf erwacht ist. Bei den Unruhen in den Vororten französischer Städte und den massiven Studentenprotesten war von der PS noch verhältnismäßig wenig zu sehen gewesen.

Nun hat man wieder begonnen, politisch Kapital zu machen. Denn wie ernst gemeint der Misstrauensantrag von der PS selbst war, ist zumindest fraglich. Ganz abgesehen von der absoluten Unwahrscheinlichkeit eines Erfolgs bei dem Votum, würde man die PS bildlich gesprochen bei der Morgentoilette überraschen, gäbe es jetzt Neuwahlen. Die Klärung der Führungsansprüche ist erst für November geplant und die Spaltung der Partei seit dem EU-Referendum noch nicht überwunden.

Das koalitionäre Beiwagerl der UMP - die konservative UDF - nutzte das Spektakel ebenfalls zur Selbstinszenierung. Parteichef Francois Bayrou erklärte beim Misstrauensvotum, gegen de Villepin stimmen zu wollen. Damit dürfte Bayrou die Chance wahrgenommen haben, sich rechtzeitig vor den Präsidentschaftswahlen 2007 von der UMP abzugrenzen und selbst an Profil zu gewinnen.

Hauptverlierer ist die Regierungspartei

Innerhalb der UMP könnte de Villepin interessanterweise trotz aller Widrigkeiten aus der Abstimmung gestärkt hervorgehen. Denn die Partei ist durch den Angriff zu einem Schulterschluss gezwungen. Keiner der UMP-Parlamentarier wollte gegen seinen Premier stimmen - auch jene nicht, die eigentlich de Villepins Rivalen, Innenminister Nicolas Sarkozy, die Stange halten. Verlierer der ganzen Affäre ist die UMP an sich. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sie Frankreich mit der Frage beschäftigt, welcher der beiden konservativen Kronprinzen der bessere Staatschef sei. Jetzt haben de Villepin und Sarkozy mit ihrem Konkurrenzkampf nicht nur die schlafende PS geweckt, sondern sich mit ihrer Schmutzkampagne gegenseitig bei der potentiellen Wählerschaft angeschwärzt.

So sind die ruhigen Zeiten der Regierungspartei vorbei, denn die erneute Krise hat die Vorstellung vieler bekräftigt, dass die derzeitigen französischen Staatenlenker nicht mehr in der Lage sind, ihr Land erfolgreich zu führen.