Der Verbund nützt jede Gelegenheit, um auf die Notwendigkeit des Ausbaus der Höchstspannungsleitung (380 kV) zwischen dem Burgenland und der Steiermark hinzuweisen - "um die Versorgungssicherheit weiterhin zu garantieren". Erstens seien die 220-kV-Leitungen nicht mehr stark genug, zweitens würden die neu entstehenden Windkraft- und Ökoenergieanlagen zu viel Netzkapazität beanspruchen.
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"Die bestehenden 220-kV-Leitungen sind überlastet", versichert der Chef der Verbund-Netzgesellschaft (APG) Thomas Karall. Der Stromverbrauch sei im Raum Graz innerhalb der vergangenen 50 Jahre um das Elffache gestiegen. Die Versorgungssicherheit stoße damit an ihre Grenzen.
Obendrein sei die Gefahr von herabfallenden Stromdrähten aufgrund von Überlastung unbedingt zu verhindern. Der Grund für den Engpass liege einerseits am stark gewachsenen Strombedarf in der Südsteiermark und andererseits daran, dass der Großteil der Energie im Norden produziert und in den Süden transportiert werden müsse. Die neu entstehenden Wind- und Ökoenergieanlagen im Norden und Osten Österreichs (Parndorfer Platte) würden ebenfalls einen beachtlichen Beitrag zur Netzüberlastung leisten. Das Engpassmanagement kostet pro Jahr fast 15 Mill. Euro. "Und die Kosten werden weiter steigen, sollte die Kainachtalleitung nicht gebaut werden", warnt Karall. Reichen diese Maßnahmen nicht mehr, wäre es im Notfall sogar notwendig Südösterreich vom nördlichen Verbundnetz zu trennen, "damit die Leitungen nicht kaputt werden". Dann müssten steirische und kärntner Kraftwerke die Versorung übernehmen - da dann der Stromfluss aus dem Norden gekappt wäre. Das Preisniveau würde um ein Drittel steigen und sich italienischem Niveau annähern. Italien ist wegen seiner hohen Strompreise ein beliebtes Exportgebiet.
Möglich wäre es laut APG-Vorstand noch die Nachbarländer im Osten vom Netz zu nehmen. Dies wäre aber im Zuge der bevorstehenden EU-Erweiterung nicht vertretbar. Auch die EU-Kommission hätte dagegen ihre Einwände. Scharf attackiert wird der bevorstehende Leitungsbau von den Grünen. Sie halten die Versorgungssicherheit für ein vorgeschobenes Argument. Vielmehr gehe es um Stromexportgeschäfte nach Italien anzuheizen. Eine neue Studie, im Auftrag der Grünen, zeige die Fragwürdigkeit der 130-Mill.-Investition und mögliche Alternativen wie den vermehrten Ausbau von Ökostromanlagen im Süden. Wenig glücklich mit der Leitung sind auch die steirischen Gemeinden, sie haben das Großprojekt bisher torpediert. Der Verbund überarbeitet derzeit seine Netzverträge mit den Landesversorgern.