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Knapp zwei Monate vor den ersten freien Präsidentenwahlen in der Geschichte Afghanistans ließen sich bis zum Ende der Eintragungsfrist am Sonntag mehr als 9,6 der 10,5 Millionen Wahlberechtigten registrieren. Sie haben am 9. Oktober die Wahl zwischen dem amtierenden Präsidenten Hamid Karzai und 17 zum Teil heftig umstrittenen Gegenkandidaten.
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Die hohe Registrierungsquote trotz der fortwährenden Anschläge der Taliban auf Wähler und Wahlhelfer ist ein überraschender Erfolg für die Wahlbehörde. Mehr als 40 Prozent der eingetragenen Wähler sind Frauen, die unter der Talibanherrschaft bis November 2001 noch brutal unterdrückt worden waren.
Eine Frau ist auch unter den Gegenkandidaten des klar favorisierten Karzai. Die Ärztin Massuda Jalal hatte bei der Loya Jirga (Große Ratsversammlung), die Karzai vor zwei Jahren zum Präsidenten wählte, weit abgeschlagen die zweitmeisten Stimmen erhalten. Neben ihr treten auch umstrittene Kriegsherren an, die von der Wahlkommission trotz Vorwürfen wie Mord, Vergewaltigung, Plünderung und dem Betreiben privater Milizen zugelassen wurden.
Die meisten Einwände richten sich gegen den unberechenbaren Usbekengeneral Abdul Rashid Dostum. Er hat in den 80er Jahren erst für und dann gegen die Russen gekämpft und in den 90ern erst die Taliban unterstützt und sich dann auf die Seite der Nordallianz geschlagen. Vorbehalte gab es auch gegen Mohammad Mohaqiq, den Führer der schiitischen Minderheit in Zentralafghanistan.
Falls Karzai im ersten Durchgang nicht die nötigen 51 Prozent der Stimmen erhält, gilt Ex-Bildungsminister Yunus Qanuni als sein wahrscheinlichster Gegner in der Stichwahl. Er wird vom mächtigen Verteidigungsminister Mohammed Qasim Fahim unterstützt, der zuvor als Karzais Vizepräsidentenkandidat im Gespräch gewesen war. Obwohl Nordallianzführer Fahim erklärt hat, das Wahlergebnis respektieren zu wollen, halten Analysten einen gewalttätigen Machtkampf nach der Wahl für möglich.
Die Taliban haben indes versprochen, mit massiven Anschlägen die Wahlen zu verhindern, und allen Afghanen, die ihr Stimmrecht ausüben, mit dem Tod bedroht.