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Bei der Senkung der Treibhausgase sollen reichere EU-Länder mehr Lasten tragen.
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Brüssel. Italien zumindest zeigte sich bis zuletzt optimistisch. Das Land, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, glaubt, dass sich die Europäer auf eine gemeinsame Haltung zum Klimaschutz einigen werden. Genau das steht auf der Agenda des zweitägigen Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Union, das am heutigen Donnerstag in Brüssel beginnt. "Es besteht der Wille, eine ehrgeizige Position zu finden und mit Realismus offene Fragen anzusprechen", erklärte der italienische Staatssekretär für Europapolitik, Sandro Gozi, vor kurzem.
Diese offenen Fragen sorgen allerdings für große Differenzen zwischen den Mitgliedsländern. Für diese ist es nämlich eine Herausforderung, das Ziel einer Treibhausgas-Verringerung mit den jeweiligen nationalen Finanz- und Wirtschaftsinteressen in Einklang zu bringen. Dennoch sollen es ambitionierte Vorgaben zum Klimaschutz sein, bei denen die EU ihre Vorreiterrolle bei der Klimakonferenz in Paris im kommenden Jahr behaupten will. "Der Gipfel ruft alle Staaten zu ehrgeizigen Zielen und Politiken auf", heißt es in dem Entwurf für die Schlusserklärung des Treffens.
Die Eckpunkte hat die EU-Kommission bereits fixiert. Bis zum Jahr 2030 soll der Ausstoß der Treibhausgase in der Union um 40 Prozent gesenkt und der Anteil der erneuerbaren Energien auf 27 Prozent gesteigert werden, ebenfalls für die gesamte EU bemessen. Eine Verbesserung der Energieeffizienz um 30 Prozent soll angepeilt werden. Die Umrechnung auf EU-Ebene bedeutet, dass nicht jedes Land gleich viel tun muss: Sind die Anstrengungen in einem Staat höher, können sie in einem anderen geringer ausfallen.
Während aber Umweltschutzorganisationen auf noch ambitioniertere Ziele pochten, was einige Länder sogar zu unterstützen bereit gewesen wären, sprachen sich andere gegen die geplanten Regelungen aus. Polen beispielsweise, dessen Wirtschaft zum größten Teil von Energie aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken abhängig ist, wehrte sich vehement gegen die vorgeschlagene Kohlendioxid-Reduktion und kämpfte um Kompensationszahlungen. Frankreich wiederum, das unter anderem auf Atomkraft setzt, sträubte sich gegen allzu strikte Regelungen zu erneuerbarer Energie. Umgekehrt will Deutschland gerade diesen Bereich gestärkt sehen.
Anreize für Osteuropäer
Für die Osteuropäer sind daher nun Anreize vorgesehen. Jenen Staaten, denen es finanziell schwerer fällt, die Ziele zu erreichen, soll geholfen werden. Das soll etwa über die Verteilung der Verschmutzungsrechte im Rahmen des Emissionshandels geschehen, bei dem CO2-Zertifikate gekauft werden können. Zehn Prozent dieser Papiere sollen an Länder verteilt werden, deren Bruttoinlandsprodukt (BIP) 90 Prozent des EU-Durchschnitts nicht übersteigt. Zusätzlich sollen ein bis zwei Prozent der Verschmutzungsrechte in Investitionen in Mitgliedstaaten mit einem BIP von bis zu 60 Prozent des Unionsschnitts fließen dürfen. Das solle die Energieeffizienz dort erhöhen sowie zur Modernisierung der Energiesysteme beitragen, heißt es in dem Gipfeldokument. Profitieren würden davon gerade die Länder in Ost- und Südosteuropa. Ihr nationaler Anteil an der Treibhausgasreduktion wäre wohl auch geringer - falls sie überhaupt dazu verpflichtet werden.
Um diese Transferleistungen gab es allerdings ein zähes Ringen. Dass ein Teil der Zertifikate an ärmere Länder geht, zieht nach sich, dass die Quoten im Emissionshandel für andere Staaten geringer sind. Der Verkauf der Papiere stellt aber eine Einnahmenquelle dar, die jährlich Einkünfte in Höhe mehrerer Milliarden Euro bedeuten kann.