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Umstrittener Grenzverlauf

Von Martyna Czarnowska

Politik

Russland will das vor einem Monat unterzeichnete Grenzabkommen mit Estland nicht ratifizieren. Das Parlament in Tallinn habe "unannehmbare Forderungen" gestellt, hieß es in Moskau. In einer Präambel hatten die Abgeordneten auf die anders gezogenen Grenzen Estlands nach 1918 verwiesen - was in Moskau als Gebietsanspruch gedeutet wird.


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Das Abkommen, das die Grenze zwischen Russland und Estland - und damit eine Außengrenze der EU - fixiert, ist seit 18. Mai unterzeichnet. Doch wegen der Präambel, die das estnische Parlament bei der Ratifizierung am Montag eingefügt hat, könne Moskau seinerseits den Vertrag nicht ratifizieren, teilte das russische Außenministerium mit. Wie die Zeitschrift "Baltic Times" berichtet, haben die Abgeordneten in Tallinn sich auf die Kontinuität der 1918 proklamierten estnischen Republik und die Unabhängigkeitserklärung von 1991 berufen. Doch zwei Gebiete, die in den 20er-Jahren zu Estland gehörten, sind heute russisch. Den indirekten Verweis darauf deutet Moskau als Gebietsanspruch.

Der Grenzstreit zwischen Russland, Estland und Lettland schwelt bereits seit Jahren. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die baltischen Staaten zunächst von Deutschland, dann von der Sowjetunion okkupiert und in die UdSSR eingegliedert. Allerdings will Moskau bis heute nicht von "Besetzung" sondern von "damaligen Vereinbarungen" reden.

Die Unterzeichnung des Grenzvertrags mit Lettland hat Russland für unbestimmte Zeit ausgesetzt. Denn auch die Regierung in Riga will in das Abkommen einen Hinweis auf frühere lettische Gebiete aufnehmen. Sie erhob den Anspruch auf die 1920 von Russland zugesicherte Grenze. Damals hatte der heute russische Kreis Pytalowo - auf Lettisch: Abrene - zu Lettland gehört.