Österreichische Abgeordnete zeigen sich zufrieden. | ÖVP: Gentechnik-Folgen unbekannt. | SPÖ: Kritik an Qualität des Berichts. | Brüssel/Wien. Eines der umstrittensten EU-Papiere der Vergangenheit wird doch nicht wie geplant heute, Mittwoch, im EU-Parlament abgestimmt. Auf Antrag der Sozialdemokratischen Fraktion nahmen mehr als 80 Prozent der Abgeordneten den Initiativbericht "Chancen und Risiken der Biotechnologie in der Landwirtschaft" von der Tagesordnung und schickten ihn zurück in den Agrarausschuss.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Kritiker verglichen den Bericht des liberalen Finnen Kyösti Virrankoski mit eine Werbeschrift der Gentechnik-Industrie: Die "moderne Biotechnologie" - im Bericht als "Agro-Gentechnik" bezeichnet - könne, so der Bericht als Arbeitsplatz-Motor dienen,und der Armut begegnen, da bereits jetzt viele Bauern in Entwicklungsländern dank Gentechnik höhere Einkommen hätten; das Genehmigungsverfahren sei "zu langsam und bürokratisch" und das Vorsorgeprinzip dürfe "nicht als Vorwand für die Verzögerung des Verfahrens dienen", hieß es hier. Auch die herrschenden Gentechnik-Importverbote Österreichs wurden in Frage gestellt.
Dies ist der vorläufige Endpunkt einer äußerst emotionalen Debatte, die dennoch fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurde: Als Virrankoski den Bericht im Vorjahr im Agrarausschuss erstmals präsentierte, erntete er nur verhaltenen Widerspruch. Dies änderte sich mit dem Bekanntwerden des Papiers in der Öffentlichkeit im November 2006, als ein Aufschrei durch einige Nichtregierungsorganisationen ging. Die Mitglieder des Agrarausschusses brachten 190 Änderungsanträge ein.
Sehr knappe Mehrheit
Während die meisten Anträge um Abmilderung bemüht waren, ergänzte die deutsche CDU-Abgeordnete Renate Sommer den Text etwa um die Passage, dass "gentechnisch veränderte Organismen gegenüber konventionellen Pflanzen nicht diskriminiert werden dürfen". Die Abstimmung am 24. Jänner fiel - für den Agrarausschuss ungewöhnlich - mit nur einer sehr knappen Mehrheit zugunsten des abgeänderten Papiers aus.
Zufrieden zeigten sich die österreichischen EU-Abgeordneten aller Fraktionen: "Ich sehe es als Begräbnis erster Klasse", erklärte Agnes Schierhuber von der ÖVP, die als einzige österreichische Vertreterin im Agrarausschuss des EU-Parlamentes sitzt. Sie hoffe, dass der Initiator Virrankoski den Bericht nun ganz zurückziehe. Sollte dies nicht der Fall sein und Virrankoski einen neuen Text aufsetzen, "werden wir schauen, dass das Papier noch im Agrarausschuss wegkommt". Sie sei zuversichtlich, dass dann die erforderliche Stimmenanzahl für eine endgültige Ablehnung erreicht werde. Da die Folgen der grünen Gentechnik für Mensch und Natur nicht bekannt seien, solle man diese auch nicht forcieren, begründet Schierhuber ihre Ablehnung.
"Die Zurückweisung sagt einiges über die schlechte Qualität des Berichtes aus", meint Karin Scheele von der SPÖ. "Da stehen Dinge drinnen, die der herrschenden Gesetzgebung widersprechen. Das kommt beim EU-Parlament schlecht an."
Es werde noch viel Arbeit und Debatten brauchen, um der "unheiligen Allianz der alten Lobbyisten aus dem Westen und der neuen Fortschrittsgläubigen aus dem Osten" beizukommen, meint die Grüne Abgeordnete Eva Lichtenberger. Und Andreas Mölzer (FPÖ) kommentierte knapp, dass er "gegen die Gentechnik ist".