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Umwälzungen und Konkurrenzkampf

Von Frantisek Novosad, Pressburg

Europaarchiv

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Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Sendnern ist kennzeichnend für die Situation im Bereich der elektronischen Medien in der Slowakei. Am Fernsehmarkt dominieren die privaten, kommerziellen Fernsehstationen, im Bereich der Radiosender hat der öffentlich-rechtliche Slowakische Rundfunk die Nase vorn.

Vier überregionale TV-Sender gibt es, drei davon - ein öffentlich-rechtlicher sowie zwei Private - senden auch terrestrisch, sind also auch per Antenne zu empfangen. Marktführer ist der Privatsender Markiza mit Quoten von mehr als 50 Prozent.

Das öffentlich-rechtliche Slowakische Fernsehen (STV) dagegen befindet sich in einer Dauerkrise. Seit der Wende 1989 präsentiert sich seine Geschichte als Mischung aus Ratlosigkeit, Eigennutz, Korruption und politischer Manipulation, wie unabhängige Medienexperten meinen. Elf Direktoren sah STV in dieser Zeit, der elfte, Richard Rybnicek, der nach den Parlamentswahlen 2002 den Direktorsessel übernahm, versucht nun, mit deutlichen Maßnahmen zu reagieren. Im Sommer 2003 wurde fast die Hälfte der STV-Mitarbeiter, nahezu 1.200, entlassen.

Profiteure der Krise

Die Privatsender, allen voran Markiza, konnten von der STV-Krise profitieren. Seit seiner Gründung 1995 reüssiert der Kanal nicht nur mit Unterhaltung, sondern übt auch politischen Einfluss aus. 1998 stellte sich Markiza hinter die Partei des bürgerlichen Einverständnisses (SOP), die Slowakische Demokratische und Christliche Union (SDKU) und beeinflusste, Beobachtern zufolge, die Wahlergebnisse im Jahr 1998 deutlich. Im Jahr 2002 gründete Markiza-Mit-

eigentümer Pavol Rusko eine eigene politische Partei. Die Allianz des Neuen Bürgers (ANO) beteiligt sich nun an der Regierungskoalition, er selbst ist Wirtschaftsminister. Weitere Privat-TV-Stationen sind TV JOJ, seit März 2002 auf Sendung, und TA3, seit 2001 zu sehen.

Privatradiolandschaft

Die Privatradiolandschaft in der Slowakei besteht überwiegend aus Regionalsendern und ist von hoher Fluktuation geprägt. Den Radiomarkt dominiert der öffentlich-rechtliche Slowakische Rundfunk (SRO). Ihm wurde in Meinungsumfragen seit der Wende stets attestiert, zu den glaubwürdigsten Institutionen des Landes zu gehören. Zumindest seit Mitte der neunziger Jahre gelten die Sendungen als objektiv, besonders guten Ruf genießen die Kultursendungen. Doch in den vergangenen Jahren ringt auch der SRO mit einem Hörerrückgang. Chefredakteur Karol Farkasovky kündigte denn auch kürzlich Änderungen an. Man widme der offiziellen Politik zu große Aufmerksamkeit, sagte er zur Tageszeitung "Sme". "Das muss sich ändern, wir müssen eine einfachere Sprache benutzen."

Eine Gruppe von Redakteuren war mit dem neuen Konzept ganz und gar nicht zufrieden - ihre Proteste endeten allerdings mit Entlassungen. Diese hätten jedoch mit "Rationalisierungsmaßnahmen" zu tun, betonte Jaroslav Reznik, der Direktor des Slowakischen Rundfunks. Harter Konkurrenzkampf kennzeichnet die Situation auf dem slowakischen Tageszeitungs-markt. Anfang der neunziger Jahre florierte das slowakische Zeitungswesen. Die Mehrheit der Zeitungsleser griff täglich zu zwei oder drei Zeitungen. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Als ein Grund gilt unter Experten Politikmüdigkeit bei der Bevölkerung, und auch die Zeitungspreise sind gestiegen. Die größte Auflage verzeichnet denn auch das Boulevardblatt "Novy cas" mit rund 160.000 verkauften Exemplaren täglich. Der Mehrheitseigentümer von "Novy cas" war bis vor kurzem der deutsche Gruner+Jahr-Konzern. Per 1. Jänner 2004 übernahm diese Anteile aber die Schweizer Ringier-Gruppe. Bei den Qualitätszeitungen liegen derzeit die beiden Titel "Sme" und "Pravda" Kopf an Kopf in der Gunst der Leser. Die Zeitung "Sme" versteht sich als rechtsliberal und richtet sich explizit an die jüngere, "erfolgreiche" Generation. Die "Pravda" orientiert sich in ihren Kommentaren im Mitte-Links-Bereich und wird Meinungsforschern zufolge von der älteren, der eher "skeptischen" Generation gelesen. "Sme" besteht seit 2002 und entstand aus "Smena", dem ehemaligen Presseorgan der kommunistischen Jugendorganisation. Der Titel gehört Petit Press, hinter dem die Verlagsgruppe Passauer Presse steht. Petit Press gehören auch die Tageszeitung der ungarischen Minderheit, "Uj Szo", sowie praktisch alle regionalen Zeitungen in der Slowakei. Die "Pravda" ging aus dem Zentralorgan der Kommunistischen Partei hervor und ist in slowakischer Hand. Die Tageszeitung "Narodna obroda" hat deutlich weniger Verkaufsauflage und steht dem Privatsender Markiza nahe. Weiterer Tagestitel sind "Novy den" sowie das Wirtschaftsblatt "Hospodarske noviny" - hinter dem wiederum die Gruppe Dow-

Jones-Handelsblatt steht.

Eine zweite Wirtschaftszeitung, "Hospodarsky dennik", hat erst kürzlich das Handtuchgeworfen: Seit dem vergangenen Oktober erscheint die Zeitung ohne gedruckte Ausgabe und ist nur noch im Internet zugänglich.

"Der Fernsehmarkt hat sich stabilisiert, die Konkurrenz auf dem Markt der Rundfunksender ist härter geworden, auf dem Markt der Printmedien werden die Änderungen erst kommen." Dieses Resümee über die aktuelle Situation

der slowakischen Medien zog etwa kürzlich erst die Tageszeitung "Pravda".

10 Prozent mehr Zuseher

Die größten Schritte vorwärts habe das private Fernsehen JOJ gemacht. Dieser Fernsehsender habe heute um 10 Prozent mehr Zuseher als noch am Ende des Jahres 2002.

JOJ orientiere sich ausdrücklich auf den Massenzuschauer, schrieb das Blatt weiter. Die - ebenfalls private - Fernsehstation Markiza sei seriöser geworden und sende sogar einige Programme von jenem Typus, den man vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen STV kannte. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen STV befinde sich in der Krise, mehr als 1.000 STV-Mitarbeiter wurden in Mai und Juni 2003 entlassen. Die neuen Programme werden erst heuer ihren Betieb starten.

Radikale Maßnahmen

Die Zeitung "Pravda" vertritt auch die Auffassung, dass so radikale Maßnahmen zur Änderung der Mediensituation in keinem anderen europäischen Land vorgenommen wurden. Unter den Radiosendern herrscht harte Konkurrenz. Zum ersten Mal sind kommerzielle Radios zu einer ernsthaften Konkurrenz für den öffentlich-rechtlichen Slowakischen Rundfunk (SRO) geworden.

Radio Express

Der Hecht unter den slowakischen Radios ist Radio Express. Vor mehr als einem Jahr hatte der Sender nur 1,4 Prozent Hörer, voriges Jahr waren es jedoch schon 14 Prozent. Zwei regionale Radiosender sind pleite gegangen, vier neue sind entstanden.

Unter den Printmedien sind keine größeren Änderungen zu verzeichnen. Außer, wie erwähnt, beim Wirtschaftsblatt "Hospodarske noviny", das sich auf das Internet zurückgezogen hat. Zwei neu gegründeten Wochenzeitschriften versuchen sich durchzusetzen.

201 neue Zeitschriften

Voriges Jahr wurden 201 neue Zeitschriften registriert, 20 sind untergegangen. Als Folge des Kampfs um Leser entwickeln sich alle Printmedien in Richtung Boulevardisierung. Heuer ist noch härtere Konkurrenz zu erwarten, denn wegen Erhöhung der Mehrwertsteuer von 14 auf 19 Prozent wurden alle Periodika teurer.

Laut Angaben des slowakischen Kulturministeriums werden derzeit (Stand: Dezember 2003) in der Slowakei insgesamt 1.401 Zeitungen und Zeitschriften publiziert. Nach der Wende, 1989, sind 3.121 Zeitschriften und Zeitungen entstanden, überlebt hat davon nur knapp ein Drittel. APA