Über die im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ festgelegten Vorhaben im Justizbereich herrscht bei den Rechtsanwälten, Richtern und Staatsanwälten weiter Aufregung. Sie befürchten eine Einflussnahme der Politik auf die Justiz.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die angestrebte Verfahrensbeschleunigung unter dem Schlagwort "Besserer Zugang zum Recht für Bürgerinnen und Bürger" wird von den Standesvertretern begrüßt. Die Interessen der Bürger würden aber nur "vordergründig gefördert", kritisierte die Präsidentin der Richtervereinigung, Barbara Helige, bei der Enquete "Politkontrolle der Justiz?".
Als "Treppenwitz der Geschichte" bezeichnet der Vorsitzende der Sektion der Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Klaus Schröder, das Vorhaben, dass mittels Verfassungsänderung eine "Hilfsorganisation" wie die Volksanwaltschaft gegen die Staatsanwaltschaft vorgehen können soll. Die "Kontrolle der Staatsanwaltschaften wird bis hin zu einer parlamentarischen Kontrolle ausgebaut", heißt es im Regierungsprogramm. Von einem "Angriff auf die Unabhängigkeit der Rechtssprechung" spricht Schröder. Die Volksanwälte (die Beschwerdeinstanz wurde 1977 eingerichtet) werden auf Vorschlag der drei stärksten Parteien gewählt. Somit ist die Volksanwaltschaft ein politisches Organ.
Kritik gibt es auch am Weisungsrecht des Justizministers. Der Souverän trenne bewusst, hob der Präsident des Rechtsanwaltskammertages, Klaus Hoffmann, die Gewaltentrennung in Exekutive, Legislative und Judikatur hervor.
Die Vorhaben wurden von ÖVP und FPÖ in einem Initiativantrag eingebracht. Gesetzesvorschläge bedürfen damit nicht der Begutachtung der dazu berufenen Stellen.