Zum Hauptinhalt springen

Unbelehrbar

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Man dürfe nicht alles vermischen, warnen Europa-Politiker. Italien sei ein innenpolitisches Phänomen, keine Gefahr für den Euro. Letzteres betonen die extrem rechten Parteien in Europa. Gleichzeitig wird Griechenlands Regierung an die Wand gedrückt, egal ob Premier Alexis Tsipras das politisch überlebt oder nicht. Sollte Tsipras aufgeben, wer wird dort nachkommen? Eine EU-freundlichere Regierung sicher nicht.

Nach dem Rücktritt Matteo Renzis in Italien als Folge des Nein beim Verfassungsreferendum gilt Ähnliches. Der Hinweis, dass Italien seit 1948 insgesamt 63 Regierungswechsel hinter sich habe und daran gewöhnt sei, ist eine armselige Durchhalteparole.

Nein, die rechten Europa-Zerstörer haben oft recht mit ihrer EU-Analyse. Umso verblüffender ist die Unbelehrbarkeit etwa in der Eurogruppe, dem Treffen der 19 Euro-Finanzminister. Diese hatten am Montag nichts Besseres zu tun, als nun von Italien zu verlangen, die Privatisierungsbemühungen zu verstärken, um mit diesen Einnahmen das Budget 2017 zu stabilisieren.

Genau solche Forderungen treiben den Nationalisten und Separatisten in Italien Wähler in die Arme. Was aber werden die Finanzminister sagen, wenn Ex-Komiker Beppe Grillo, Chef der Populistenpartei Fünf Sterne, die nächste Wahl gewinnt und ihnen den Sessel vor die Tür stellt?

Und wenn die Auflagen für Griechenland noch einmal verschärft werden und wütende Bürger Tsipras aus dem Amt jagen? Dann sollen die Griechen halt gehen und die Italiener gleich mit, meinen dazu Austeritätspropheten. Dass die dann folgenden Turbulenzen ein Vielfaches kosten werden als höhere Budgetdefizite in Italien und Griechenland, vergessen sie dabei.

Alexander Van der Bellens Wahlsieg in Österreich sorgte für große Erleichterung. Aber wenn diese Erleichterung dazu führt, dass in der EU weiterhin "business as usual" gemacht wird, wäre das fatal. Die relative Ruhe an den Finanzmärkten darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vor allem das immense Kaufprogramm der EZB ist, das diese Ruhe erzeugt. Und an den Arbeitsmärkten Europas ist es alles andere als ruhig. Millionen Menschen in diesen Länder sind arbeitslos, auch wegen der Spar- und Privatisierungsprogramme. Das macht die EU unsympathisch. Am Ende werden ein paar Finanzminister vor Europas Trümmern stehen und einander ver-
sichern, dass sie eigentlich recht gehabt hätten.