Spanien macht nun Ernst mit der Vier-Tage-Woche. Die Einreichfrist für die Unternehmen ist vorbei, das Projekt startet.
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Sie können sich kaum noch retten vor lauter Bewerbungen. Sie, das sind die spanischen Unternehmen, die die Vier-Tage-Woche schon implementiert haben. Es trudeln "viel, viel mehr Bewerbungen ein" als vorher, als es noch eine Fünf-Tage-Woche im Unternehmen gab, erklärt etwa das Madrider Marketing-Unternehmen Good Rebels gegenüber der Tageszeitung "El País".
Die Nachfrage ist also da. Und steht im eklatanten Gegensatz zu jenen Befürchtungen, man könne die Vier-Tage-Woche eben nicht einführen, weil es ohnedies schon einen Mangel an Arbeitskräften gäbe. Freilich, noch existieren keine Studien darüber, ob die Bewerbungen von Menschen kommen, die sich aus der Fünf-Tage-Woche lösen wollen, oder von jenen, die bisher am Arbeitsmarkt nicht partizipiert haben mangels attraktiver Stellenangebote.
Produktivität leidet nicht
Führt die Vier-Tage-Woche zu mehr oder weniger Produktivität? Kommt sie dem Staat vielleicht sogar billiger, weil weniger Arbeitskräfte mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben? Es ist eine Debatte, die bisher vor allem theoretischer Natur war und nur im kleinen Rahmen den Praxistest durchlaufen hat. Spanien macht nun die Probe aufs Exempel. Eines der größten Länder Europas führt nun für zwei Jahre im Testlauf die Vier-Tage-Woche ein.
Bewerbungsschluss für die staatlichen Subventionen war am Freitag. Für das Pilotprojekt hat die linke Regierung 9,6 Millionen Euro veranschlagt. Gefördert werden sollen kleine und mittelgroße Betriebe, die maximal 250 Mitarbeiter beschäftigen. Dafür muss die Arbeitszeit um mindestens 10 Prozent verringert werden, während das Gehalt davon für jedenfalls zwei Jahre unberührt bleibt.
Auch die Sektoren sind beim Pilotprojekt beschränkt. Für Subventionen dürfen sich nur Unternehmen aus bestimmten Bereichen bewerben. Dazu gehören die Nahrungsmittelindustrie, die Textil- und Schuhproduktion, Grafikdesign sowie die Herstellung von pharmazeutischen Artikeln. Außerdem darf der Umsatz der teilnehmenden Unternehmen nicht mehr 50 Millionen Euro ausmachen. Die Subventionen pro Unternehmen sind mit 200.000 Euro gedeckelt. Es dürfen auch nur Mitarbeiter mit unbefristeten Verträgen mitmachen.
Das Zustandekommen des Projekts kann sich die linke Partei Más País an ihre Fahnen heften. Die Podemos-Splittergruppe verfügt zwar nur über drei Abgeordnete im spanischen Parlament, hat aber ihre notwendige Zustimmung für das Budget 2021 an das Pilotprojekt gebunden. Dabei ist Más País praktisch die einzige linke Partei, die sich nicht in der von Pédro Sánchez’ Sozialdemokraten angeführten Regierungskoalition wiederfindet. Más País führte für die Vier-Tage-Woche nicht nur Verbesserungen bei der Produktivität ins Treffen, sondern auch bei der Gesundheit sowie der Vereinbarkeit von Arbeit und Kinderbetreuung.
AK fordert kürzere Vollzeit
Erst im März hat die Veröffentlichung einer Studie der Universitäten Bostn und Cambridge gezeigt: Die Angst vor einem Produktivitätseinbruch ist nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil erhöhte sich sogar die Leistung unter den etwa 2.900 teilnehmenden Beschäftigten tendenziell. Eine im Vorjahr publizierte Untersuchung im Auftrag der Organisation "4 Day Week Global" in Irland und den USA kam zu einem ähnlichen Ergebnis. In vielen Ländern laufen momentan ähnliche Projekte.
In Österreich wurden derartige Konzepte noch nicht großflächig getestet. Der Chef des Arbeitsmarktservice, Johannes Kopf, meint dazu, im Lichte des vorherrschenden Arbeitskräftemangels sei eine breitere Umsetzung derzeit schwierig. Die Arbeiterkammer hat allerdings am Freitag einmal mehr kürzere Arbeitszeiten gefordert: Eine "gesunde Vollzeitarbeit" liege bei 30 bis 35 Stunden. Denn jede dritte beschäftigte Person könne sich laut einer Umfrage nicht vorstellen, ihren aktuellen Job bis zur Pension ausüben zu können. Acht von zehn Befragten würden weniger arbeiten wollen.(wak)