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Seit 14 Monaten tobt im westsudanesischen Darfur unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit ein erbitterter Bürgerkrieg. Mindestens 10.000 Sudanesen sind in den letzten Monaten von gnadenlos agierenden regierungsnahen Milizen getötet worden, rund eine Million Menschen sind auf der Flucht. Die etwa 800.000 noch im Land befindlichen Flüchtlinge sind unmittelbar von Hungersnot und Seuchenausbrüchen bedroht, warnt "Ärzte ohne Grenzen" (Medecins sans frontieres/MSF).
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"Die Situation der Flüchtlinge ist das schlimmste, was ich je gesehen habe", sagt MSF-Logistiker Stefan Pleger, der auch auf Einsätze in Liberia, Eritrea und Äthiopien zurückblicken kann, nach seiner Rückkehr aus dem Westsudan zur "Wiener Zeitung". Rund 800.000 Binnenflüchtlinge suchen in den Städten Schutz vor mordenden Milizen, was die dortige Infrastruktur massiv überfordert und auf einen Kampf ums nackte Überleben hinausläuft. So seien in die Stadt Mornay, in der Pleger stationiert war, bis zu 80.000 Menschen geflüchtet, bei einer ursprünglichen Einwohnerzahl von etwa 5.000. Es mangelt an Trinkwasser, Nahrung und medizinischer Basisversorgung.
"Wir brauchen Hilfe"
Die Ärzte ohne Grenzen können rund 250.000 Menschen mit den unbedingt lebensnotwendigen Grundnahrungsmitteln versorgen - gut 550.000 stehen vor dem absoluten Nichts. "Wir brauchen Hilfe", mahnt Pleger eindringlich. Die internationale Unterstützung konzentriert sich bisher vor allem auf die Flüchtlinge im angrenzenden Tschad, da Khartum Journalisten, Menschenrechtlern und bis vor kurzem auch der UNO die Einreise verweigert hat.
"Unter Ausschluss der Öffentlichkeit" spielt sich in dem Gebiet, das eineinhalb Mal so groß wie Deutschland ist, die derzeit größte humanitäre Katastrophe der Erde ab, sagt Pleger. Und die im Mai beginnende Regenzeit wird die Situation noch verschärfen. Straßen werden unpassierbar, die wenigen Wasserreservoirs mit Kadavern und Fäkalien überschwemmt. Nur rasche und umfassende Hilfe können Hungersnot und Seuchenausbrüche abwenden.
Vernichtungsfeldzug
Auslöser der Massenflucht war ein blutiger Feldzug der arabischen Janjawid-Milizen gegen die schwarzafrikanischen Bauernvölker in Darfur. Dörfer und Felder wurden abgefackelt, die Bewohner willkürlich abgeschlachtet. Diese hatten erst vor 14 Monaten zwei Rebellengruppen etabliert - eine Anwort auf den Terror der Milizen, die schon in den 80ern von Khartum aufgerüstet worden waren, als Bollwerk gegen die damals im Südsudan operierende Sudanesische Volksbefreiungsarmee (SPLA).
Der im Herbst 2003 eskalierte Vernichtungsfeldzug der von der Regierungsarmee unterstützten Janjawid sollte den Darfur-Rebellen die Unterstützung der Bevölkerung entziehen. Eine Ende April für 45 Tage geschlossene Waffenruhe wird von Beobachtern nur als Verschnaufpause für die Menschen in Darfur gewertet.
Nähere Informationen im Internet: http://www.aerzte-ohne-grenzen.at