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Während in Österreich ein heftiger Disput um die ab Mitte 2005 geplant "Strafsteuer" für Diesel-Pkw ohne Rußpartikelfilter entbrannt ist kündigte der zweitgrößte europäische Autohersteller Peugeot-Citroen (PSA) an, seinen Vorsprung bei dieser Technologie noch ausbauen zu wollen und bald alle Motoren - auch die kleinen - damit auszurüsten. Die deutschen Hersteller, die sich erst kürzlich darauf verständigen konnten, ab 2008/2009 serienmäßig und ohne Aufpreis den umweltfreundlichen Rußfilter in allen Modellen anzubieten, geraten laut "Handelsblatt" damit noch stärker unter Druck. Branchenanalysten schätzen unterdessen, dass der Weltmarkt für die Rußpartikelfilter von 50 Mio. Euro 2003 auf 660 Mio. Euro 2006 wahrlich explodieren wird. Den Autokäufern sei zu raten, schon im Hinblick auf den Wiederverkaufswert und künftige EU-Normen Dieselautos mit Partikelfilter zu kaufen.
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Österreichs Kfz-Wirtschaft und die Automobilklubs ARBÖ und ÖAMTC wettern gegen die "Strafsteuer" für künftige Käufer von Diesel-Neuautos, die über keinen Dieselpartikelfilter verfügen. Industriellenvereinigung (IV) und Wirtschaftskammer drohen mit Klagen, sollten, wie geplant, ab 1. Juli 2005 eine um 150 Euro höhere NoVA für Fahrzeuge verlangt werden, deren Partikelausstoß höher als 5 mg pro Kilometer ist - ein Wert der aus heutiger Sicht nur mit Partikelfilter erreichbar ist. Die ab 2005 verpflichtend geltende Euro4-Abgasnorm sieht ein Limit von 25 mg/km vor, das bei einigen Herstellern auch durch innermotorische Maßnahmen ohne zusätzlichen Filter erreicht wird.
Der Sprecher der Automobilimporteure in der IV, Felix Clary, ortet in Österreich sogar die "Politik einer Bananenrepublik", weil Autokäufer, die einen völlig gesetzeskonformen, der Euro4-Norm entsprechenden Wagen erwerben, bestraft würden. Werde die Regelung umgesetzt, verteuerten sich Diesel-Neuwagen um 400 bis 800 Euro,
Förderung ja, aber "nein" zum Körberlgeld
Die Wirtschafts- und Autofahrervertreter betonten, dass die geplante steuerliche Regelung für die Dieselfilter - Förderungen für den Kauf, höhere Steuern für den Nicht-Kauf - nicht der Umwelt, sondern nur Finanzminister Karl-Heinz Grasser dienten. Er würde sich wegen des mangelnden Angebotes an Autos mit Filter ein Körberlgeld dazu verdienen. Wirtschaft und Autofahrerklubs zeigten sich einig, dass die Schätzungen des Finanzministerium über den Grad der Verfügbarkeit von Filterautos viel zu optimistisch seien. ARBÖ-Markterhebungen zeigten, dass 2005 nur maximal 20 Prozent der Neuwagen einen eingebauten Filter haben würden - während Grasser von 33 Prozent ausgeht.
Aktuell und in absehbarer Zeit würden demnach in erster Linie Ober- und Mittelklasse-Pkw über einen serienmäßigen Filter verfügen, wodurch "die sozial schwachen Käuferschichten mit der Strafsteuer die Förderung für große Autos finanzieren", so der Chef des Bundesgremiums Fahrzeughandel, Havelka. ARBÖ-Chef Hellar assistierte: "Die Kleine fördern die Großen". Er tritt gemeinsam mit ÖAMTC-Boss Halouska dafür ein, dass auch Lkw und Traktoren mit Dieselfilter ausgestattet werden. Schließlich würden Lastwagen und Busse insgesamt gleich hohe Partikelemissionen aufweisen wie Pkw. Die Partikelemissionen durch Traktoren seien noch höher. Unterstützung für die Regierungslinie kommt ausnahmsweise vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Er kritisiert den Widerstand der Automobilklubs, die sich damit auf die Seite jener Autohersteller stellen würden, "die den Einbau von Rußpartikelfiltern in den letzten Jahren blockiert haben". "Ich appelliere dringend an die Autoklubs im Interesse der Gesundheit der Autofahrer und der Anrainer zur Vernunft zu kommen und den Widerstand gegen eine höhere Normverbrauchsabgabe für Diesel-Pkw ohne Rußpartikelfilter aufzugeben", so VCÖ-Experte Rauh. Dass die Automobilindustrie säumig gewesen sein soll, kann Industrievertreter Clary nicht nachvollziehen. "Wir haben uns nichts vorzuwerfen", betonte er. Dass Partikelfilter kaum in kleinen Fahrzeugen vorkämen, liege daran, dass in dieser Preisklasse die Filterkosten schlecht unterzubringen seien, merkte Halouska an. Die Wirtschaftsvertreter betonten, dass in den letzten 30 Jahren die Auto-Emissionen ohnehin auf 1/20 bis 1/10 reduziert worden seien.
PSA-Vorstandschef Jean-Martin Folz hat unterdessen in einem "Handelsblatt"-Interview angekündigt, das Angebot an "Nichtrauchern" bald auf alle Motoren, nicht nur wie bisher auf jene mit mehr als 100 PS, auszudehnen. "Wir haben viel früher angefangen, also werden wir auch viel früher unsere gesamte Modelpalette mit den Rußpartikelfiltern ausrüsten können", sagte Folz. Die deutschen Hersteller, kommentiert die Wirtschaftszeitung, stünden wieder einmal, wie schon beim Katalysator, als Bremser da, die nur genau so viel machen, wie die Umweltpolitik ihnen zwangsweise vorschreibt.
Experten billigen indes dem Markt für Rußpartikelfilter enormes Wachstumspotential zu: Heuer werden in Europa bereits mehr als 45% aller neu zugelassenen Fahrzeuge einen Dieselmotor haben, in Österreich sind es sogar mehr als 70%. 2006 dürfte die Zulieferindustrie mit den Rußfiltern weltweit bereits 660 Mio. Euro umsetzen, 2008 dann sogar 1,1 Mrd. Euro.
In der Praxis wurden in Österreich 2003 insgesamt erst 4.000 Diesel-Pkw- mit Partikelfilter zugelassen - fast ausschließlich Produkte des Pioniers, des französischen Peugeot-Citroen-Konzens Aber es geht steil bergauf: Im ersten Halbjahr 2004 waren es schon fast 8.400 Stück, immerhin knapp mehr als 7 Prozent der knapp 118.000 verkauften Diesel-Pkw. 2005 soll der Anteil weiter rasant steigen: Auf 20 Prozent, wie die Industrie schätzt, auf gut ein Drittel, wie die Regierung hofft.
Es könnte noch schneller gehen: Kaum ein heuer neu vorgestelltes Dieselauto, das nicht spätestens per Jahreswechsel auch mit dem Filter verfügbar sein wird - wenn auch bei manchen Herstellern gegen Aufpreis und mit Lieferzeiten, weil die Zulieferer angeblich nicht nachkommen. Die "Wiener Zeitung" wird diese "Nichraucher" jedenfalls gerne bevorzugt präsentieren.