1500 Fans kommen am Freitag und Samstag zu den Konzerten des umstrittenen serbischen Pop-Stars Ceca.
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Wien. Nada Andjelic ist kein Ceca-Fan. "Ich höre lieber Rock." Doch bei Liedern wie "Beograd" - einem frühen Song Cecas aus dem Jahr 1995 - kann und will auch sie ihre Emotionen nicht unterdrücken: "Das geht ganz einfach unter die Haut. Da spüre ich eine Nostalgie und denke an bestimmte Situationen zurück", erzählt die serbisch-stämmige Österreicherin, die in den 90er Jahren, als Ceca zur Pop-Ikone des Balkans wurde, in Wien aufgewachsen ist. Nach dem Krieg lebte Nada Andjelic für einige Zeit in Belgrad. "Ich weiß von einer Stadt, wo du ewig jung bist", heißt es in einer Strophe von "Beograd". Das Lied handelt von einer Belgrader Liebesgeschichte.
Dieses Wochenende tritt Ceca - mit vollständigem Namen heißt sie Svetlana Ražnatović - wieder einmal nach ein paar Jahren Pause in Wien auf. Zusätzlich zu ihrem Auftritt am Samstag wurde noch ein zweites Konzert für Freitag eingeplant, so groß ist der Andrang. Insgesamt um die 1500 Fans kommen an den beiden Tagen zu den Pratergalerien. "Ceca ist auf dem Balkan der bedeutendste weibliche Medienstar der letzten zehn Jahre", erzählt Zeljko Dragic von "Kosmo", einem Monatsmagazin für Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien in Österreich. "Alle kennen sie, lieben sie und hören ihre Lieder."
Ins Schwärmen gerät bei Ceca etwa Marina Jaksic, die auch ihrem Konzert am Samstag nicht fernbleiben wird. Von Liebe und Nostalgie seien Cecas Lieder durchdrungen. Einige spätere Hits seien eher etwas für die Disco, doch speziell frühe Lieder - wie eben "Beograd" - lassen Erinnerungen an eine "sorgenfreie Zeit in Belgrad" hochkommen. Marina Jaksic bewundert darüber hinaus Cecas Stimme, die tatsächlich von allen - sogar von Cecas Gegnern - anerkannt wird.
Gemeinhin werden Cecas Lieder dem Turbofolk zugeordnet, einer oft als "primitiv" belächelten Mischung aus Pop und serbischer Volksmusik. Cecas Fans sehen das anders. "Sie singt Balladen mit durchaus tief gehenden Storys", meint dazu der 37-jährige Werbefachmann Petar Radovanović. Cecas Musik sei gehaltvoller als Turbofolk. Speziell von den 23- bis 40-Jährigen innerhalb der jugoslawischen Community werde Ceca gerne gehört. Doch auch darüber hinaus ist sie in Serbien einfach eine Institution, die von allen sozialen Schichten, allen Generationen und auch allen Volksgruppen gehört wird. Einige hören sie aber nur heimlich, wie "Kosmo"-Redakteur Dragic einräumt.
Dass nicht alle am Balkan ihren Gefallen an Cecas Musik so offen zeigen, das liegt an Cecas Biographie: 1995 heiratete der Popstar im Alter von 22 Jahren den mutmaßlichen Kriegsverbrecher und Anführer einer paramilitärischen Organisation Željko Ražnatović - bekannt als Arkan, während des Jugoslawienkrieges. Seine "Serbische Freiwilligengarde" war an ethnischen Säuberungen an Zivilisten - darunter auch Frauen - in Bosnien und Kroatien beteiligt. Weiters hat die Miliz Arkans Vormachtstellung in der Belgrader Unterwelt über Morde an seinen serbischen Gegnern ausgebaut. Deshalb stößt Ceca auch auf Ablehnung.
"Ich verbinde mit ihrer Musik die schlimmsten Kindheitserinnerungen. Sie ist für mich ein Symbol des Balkankriegs", erzählt Dino Šoše, Geschäftsführer von Bum Media, einem Medienprojekt, das zwei Ethno-Magazine herausbringt. Damals, in den 90er Jahren, ist Ceca populär geworden. Dass ihr mittlerweile getöteter Ehemann ein Krimineller war, bestärkt Šoše in seiner Ablehnung. Auch der stellvertretende "biber"-Chefredakteur Amar Rajković hat eine kritische Meinung zu Ceca, auch wegen ihrer Kontakte zum damaligen serbischen Regime. Dass Ceca bei so einer Vergangenheit selbst in Bosnien und Kroatien gehört wird, findet Rajković skurril: "Ich verstehe es nicht." In einigen exjugoslawischen Orten, die zu wüsten Kriegsschauplätzen wurden, könnte Ceca freilich nicht auftreten, auch wenn ihre Musik dort in den Discos zu hören ist.
Fans schweigen über Cecas Verbindungen zur Unterwelt
Bei Cecas Anhängern wird über all das geschwiegen. "Wiener mit ex-jugoslawischen Backround hören ihre Lieder, weil sie gute Musik macht und eine tolle Stimme hat. Ihr Bezug zur Unterwelt wird ausgeblendet", betont Zeljko Dragic von "Kosmo". Dino Šoše und Amar Rajković
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--> haben mit dieser Haltung aber ein Problem. Immerhin war Cecas Hochzeit mit Arkan ein riesiges Medien-Event, das von allen verfolgt worden ist. Es habe sogar - Cecas Fans bestreiten das energisch - ihre Bekanntheit und Beliebtheit noch erhöht. Strittig ist, ob Ceca Kontakt zu den Mördern des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Ðindić gepflegt hat.
In Cecas Texten sucht man jeden Bezug zu Politik vergeblich. "Ich finde ehrlich gesagt, man soll sich nicht so viel mit ihrer Privatsphäre befassen", meint Vesna Millojevic, eine Ceca-Anhängerin, die zu Cecas Konzert am Freitagabend kommt. "Ceca singt vom Herzen. Ich kenne keine Frau aus Exjugoslawien, die ihre Lieder nicht zu Tränen rühren. Jedes Lied trifft auf mich zu. In jedem finde ich mich irgendwie wieder." Ein Freund von Vesna Millojevic hat sich sogar Cecas Gesicht auf die Haut tätowieren lassen.
Marina Jaksic ist überzeugt: Sogar Cecas Kritiker würden bei den Konzerten von der Atmosphäre mitgerissen werden: "Musik ist überhaupt ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens in Exjugoslawien. Wir singen gemeinsam, lassen uns dabei von Nostalgie und Sehnsucht treiben und schämen uns auch nicht dabei zu weinen." Gerade die breite Beliebtheit
Cecas zeige ja viel mehr ihre verbindende Kraft über alle Ethnien hinweg.