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Einst galt als ausgemacht, dass es zu den wenigen Privilegien der Jungen gehört, alles besser zu wissen. Jemand sollte das den omnipräsenten zornigen Alten einmal sagen.
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Es ist wieder einmal soweit: Aus allen möglichen und unmöglichen Ecken der publizistisch tätigen Republik tönt der Ruf nach Reaktivierung der alten weisen Männer und Frauen dieses Landes zwecks Rettung des darniederliegenden Vaterlandes.
Vor lauter Verzweiflung an den herrschenden Zuständen greifen Leitartikler zur ultimativen Rache an den Regierenden, indem Sie deren Vorgänger kurzer Hand zur Heldengeneration verklären. Früher war eben auch in der Politik alles besser. Und wer es nicht glaubt, dem werden die Namen der großen Alten an den Kopf geworfen: Androsch, Bacher, Busek gleich als Erste, Fischler, Vranitzky, Neisser, Portisch folgen auf den Plätzen; Blecha und Khol entgehen diesem Schicksal nicht dank der Gnade später Geburt, sondern einzig und allein aufgrund der Tatsache, dass sie nie aufgehört haben.
Es ist zwar nur eine Vermutung, aber wahrscheinlich gibt es kein ehemaliges Regierungsmitglied in diesem schönen Land, das nicht felsenfest davon überzeugt ist, den gegenwärtigen Akteuren himmelhoch überlegen zu sein. Die tägliche Medienlektüre kann da nur noch bestätigend wirken.

Schon vor rund fünf Jahrzehnten hat der Bonmot-begabte Wiener Verfassungsrechtler Manfried Welan die Behauptung aufstellte, dass es in Österreich im Gegensatz zu anderen fortschreitenden Gesellschaften zwar praktisch keine zornigen jungen, dafür umso mehr zornige alte Männer gäbe. Genderpolitisch kommt das natürlich einer mehr als peinlichen Offenbarung gleich.
Der Frage nach dem Warum kann wohl nur eine psychologisierende Antwort folgen: Wer als junger Mann in Österreich Karriere machen will, ist lieber brav und sittsam. Hält man sich an diese ungeschriebene Regel, konnte man es in der guten alten Zeit schon jung an Jahren weit bringen. So mancher lebt dann sein Revoluzzertum eben im höheren Alter aus .. .
Unbeabsichtigte Schützenhilfe gewähren dabei - wieder einmal - die p.t. aktiven Regierenden. Die zeichnet zwar allesamt ein ungeheurer Drang in die Medien aus, nur haben sie es verlernt, Klartext im On zu sprechen, weshalb sich in Interviews wirklicher Neuigkeitsgehalt allenfalls in Spurenelementen wiederfindet. Und in Sachen ungeschminkter Situationsanalyse sind die alten Haudegen sowieso unschlagbar.
Welans Befund von den fehlenden zornigen Jungen hat im Großen auch heute Bestand. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel. Schön für die Einzelnen, für das größere Ganze geht damit ein Element verloren, das geeignet ist, Dinge in Bewegung zu setzen.