Gläubige berichten, wie sie Jesus in ihrem Leben begegnet sind.
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Wien. "Nehmen Sie sich doch bitte einen Legostein", sagt ein Mann und hält den Besuchern eine Holzschale voller bunter Steine am Eingang der Donaucity-Kirche im 22. Bezirk entgegen. Verschiedenen Nationalitäten haben sich diesen Nachmittag in dem Gotteshaus, das von dem katholischen Orden der Salvatorianer geführt wird, versammelt. Die Freikirche "Victory Family Center" (VFC) hat ihre Schäfchen zum Weihnachtsfest geladen. Die Gemeinde gehört dem Bund der Religionsgemeinschaft "Freie Christengemeinde/Pfingstgemeinde Österreich" an.
Seit August dieses Jahres sind Freikirchen in Österreich staatlich anerkannt. Das bedeutet nicht nur eine rechtliche Besserstellung, steuerliche Vorteile und staatliche Subventionen für den Religionsunterricht, sondern für die Mitglieder vor allem eines: "Leute denken nicht mehr, dass wir eine Sekte sind", sagt Samuel Crupinschi. Seit 2007 ist er Pastor der Wiener Gemeinde, die rund 120 Mitglieder umfasst. Zum diesjährigen Weihnachtsfest haben sie sich alle eingefunden. Sie feiern, tanzen, singen und geben Zeugnis darüber ab, wie sie Gott in ihrem Leben erlebt haben.
Gott ist immer da
Vor dem Altar steht der Mann, der an der Tür die Legosteine verteilt hat. Sein Name ist Cheng Liang, geboren in Schanghai und vom Beruf Produktdesigner. Vor 14 Jahren ist er nach Europa gekommen, seit acht Jahren arbeitet er in Wien. Als Jugendlicher war Weihnachten für ihn eine große Party. In China, sagt er, ist Weihnachten ein Geschäft, mit Programm, Musik und Tanz. Dann hat er "Jesus gefunden" und hat begriffen, was das wahre Geschenk ist. "Ich habe begriffen, dass Gott bedingungslos liebt, ohne etwas dafür zu erwarten", sagt er. Danach kommt Godwin, ein Rapper und Drummer aus Nigeria. "Ich möchte euch sagen, wie ich Jesus Christus kennengelernt habe." 1999 war er in Libyen. "Dort bin ich krank geworden. Einen Arzt aufzusuchen war sehr schwer, und ich dachte, dass ich sterben werde." Dann betete er zu Gott, dieser möge ihm seine Sünden vergeben. Er sei alkoholabhängig gewesen und habe mit vielen Frauen verkehrt. Nach drei Tagen sei die Krankheit verschwunden. "Seit dem Tag wusste ich, dass es Gott gibt. Mensch macht Fehler, eines ist aber sicher: Gott ist immer da."
Die Gläubigen applaudieren und die iranische Popgruppe fängt an, mit ihren E-Gitarren zu rocken. Dann kommt eine afrikanische Gruppe und animiert zum Tanzen. Ist das Lied zu Ende, kehrt Ruhe ein und Pater Franz, der dem VFC die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat, erklärt kurz sein Anliegen. Ein Obdachlosenprojekt in Timisoara in Rumänien braucht Unterstützung, die Kollekte dafür wird gleich eingesammelt. Dann steht Samuel Crupinschi am Altar und stellt eine Frage: "Was haben Legosteine, Facebook und Weihnachten gemeinsam?" Schnell meldet sich jemand und antwortet: Zusammenbringen, Leute, Steine. "Genau", bestätigt der 32-Jährige. Als Kind, erzählt er, hat er gerne mit Legosteinen gespielt. Jeder Stein kann unten und oben angebracht werden. "Connected" nennt es der Pastor. "Verschiedene Formen, Farben, ganz wie bei uns Menschen." Die Beziehung zwischen Gott und den Menschen brauche Zeit, denn auch Gott hat sich Zeit genommen, nachdem er am siebten Tag, als er die Welt erschuf, den ganzen Tag freimachte. Die Legosteine sollen als Erinnerung an das heutige Fest nach Hause mitgenommen werden. Amen.