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Man möchte denken, einen Mann, der die unendlichen Weiten des Weltalls bereist hat, den erschüttert nicht mehr viel. Er musste schon mit dinosaurierartigen Außerirdischen im Lurex-Strampler raufen und sah sein Raumschiff von plüschigem Getier im Turbovermehrungsmodus belagert. Aber gut, das war alles nicht echt im "Raumschiff Enterprise" - außer natürlich die forsche Miene und das kecke Muskelanspannen von Captain Kirk alias William Shatner. Am Mittwoch ist er mit der Rakete von Amazon-Fantastilliardär Jeff Bezos tatsächlich ins Weltall geflogen. Nach der Landung wurde die Crew von Bezos empfangen. Er wollte, wie die anderen Astronauten, den glücklich verlaufenen Flug zelebrieren und reichte auch Shatner die Flasche Schampus. Der war unbeeindruckt und vom Herumspritzen des Gesöffs à la Formel 1 überhaupt angewidert. Denn Shatner war von seiner Kurzreise so beseelt, dass es nur so aus ihm heraussprudelte. Also soweit es aus Shatner sprudeln kann, der ja eine ... sehr ... pausenreiche ... Rhetorik ausübt. Das wiederum führte dazu, dass Bezos dem 90-Jährigen wohl oder übel bei dessen spirituell angehauchten Ausführungen zuhören musste und davon abgehalten wurde, ausgelassen zu feiern. Einen schöneren Triumph von tief empfundener Erschütterung über prosaisches Eventdenken hat man noch selten gesehen. Bis Redaktionsschluss hat Shatner übrigens noch keinen neuen Tweet gesendet. Vielleicht steht er immer noch in der Wüste und redet auf Bezos ein. Und Bezos nickt artig.