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Und jetzt alle Geiseln: Cheese!

Von Christina Böck

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Meistens ist es ja so: Wenn ein Foto, das auf sozialen Medien enthusiastisch geteilt wird, gar sehr auf eine Pointe zugeschnitten ist, dann ist es oft eine Fälschung. In diese Kategorie fällt normalerweise ein Bild, auf dem einer dümmlich grinsend neben einem Mann mit Sprengstoffgürtel posiert. Diesmal nicht. Jener Schnappschuss, den Ben Innes am Dienstag veröffentlicht hat, ist echt. Innes war eine jener sieben Personen, die von einem Flugzeugentführer als Geisel festgehalten wurden. Der Brite fand, es sei nichts dabei, die - auch als Geisel genommene - Stewardess zu fragen, ob sie ein Foto von ihm und seinem neuen Kumpel, dem mutmaßlichen Terroristen, machen könnte. Dem Foto verlieh Innes dann den Titel "Bestes Selfie ever!"

Mehr hat er nicht gebraucht. Das Twitter-Auditorium, bekannt für besonders differenzierte Beschäftigung mit umstrittenen Themen, überschüttete Ben Innes mit Kritik. Das gehe ja nun wirklich nicht. Das könne man doch nicht machen! Das sei ja ein Skandal! Ein Selfie sei das nämlich gar nicht! Ein Selfie müsse man, wie der Name schon sagt, selbst gemacht haben. Und nicht irgendeine Stewardess.

Die übrigens gar nicht anders kann, weil sie mit einem Mann mit Sprengstoffgürtel in einem Flugzeug eingesperrt ist. Letzteres - die bizarre Erinnerungsfoto-Manie, die auch vor einer Situation wie dieser nicht haltmacht - erschütterte die Kommentatoren nicht sehr. Schwarz-auf-weißer hatte man selten, wie heute und vor allem in sozialen Medien die Form ungleich wichtiger ist als der Inhalt. Den man vor lauter Empörung über Nichtigkeiten gar nicht mehr registriert.