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Endlich wieder eine g’schmackige Debatte auf dem Feld der Neuen Musik. Doch es geht nicht etwa um gesprengte Opernhäuser, sondern um Höchstpersönliches: Der Komponist Georg Friedrich Haas hat sich (erst im Online-Magazin "VAN", dann in der "New York Times") als Verfechter von "kinky Sex" geoutet. Haas, österreichischer Staatspreisträger und Kompositionsprofessor in New York, neigt sadomasochistischen Praktiken zu. Seit Herbst neu verheiratet, könne er sie nun ungehemmt ausleben. Sein Noten-Output habe sich darob fast verdoppelt. Dazu trage auch der Umstand bei, dass die US-Amerikanerin an seiner Seite (Autorin eines erotisch unverblümten Blogs) für ein Umfeld sorge, in dem Haas bis zu 15 Stunden täglich werken kann.
Unter deutschen Kommentatoren ging es daraufhin Schlag auf Schlag. Gehört das wirklich in die Öffentlichkeit? Nein, befand "Die Welt" - allerdings in Form einer verschriftlichten Gemengelage aus Ekel, Wehleidigkeit und Kalauern (als "guter Österreicher" besitze Haas ja ohnedies Keller-Erfahrung). Noch deftiger der Komponist Moritz Eggert: Er forderte Haas auf, ihm seine Frau zu borgen - als Zwangsarbeiterin. Auch er wolle einmal 15 Stunden in Ruhe tüfteln. Wobei Eggert auch seriöse Kritik anmeldet. Haas fahre eine PR-Offensive, und die stelle die ohnedies skeptisch beäugte Neue Musik noch mehr ins bizarre Eck.
Das mag stimmen. Was sich aber vor allem offenbart: die Hilflosigkeit der Autoren. Ganz unbegreiflich ist sie nicht: Man kennt derlei Enthüllungen eher von US-Stars. Von dort könnte man lernen. Mögen Künstler-Outings auch der PR dienen: Auf die Idee, darauf mit intellektuell kaschierter Entrüstung zu reagieren, kommt in Übersee keiner.