Spekulationsverbot für Länder dürfte am Mittwoch in die Verfassung kommen
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Wien. Eines könnte der Finanzskandal in Salzburg gebracht haben: Klare Regeln für ganz Österreich, wie Politiker mit Steuergeld umgehen dürfen und wie nicht -und zwar im Verfassungsrang.
Wenn das Thema am Mittwoch im Parlament zur Abstimmung kommt, scheint die für ein Verfassungsgesetz nötige Zweidrittel-Mehrheit gesichert; die FPÖ dürfte dem Entwurf von ÖVP und SPÖ zustimmen und damit dem Gesetz zum Durchbruch verhelfen.
No risk, more fun
In der Verfassung soll künftig festgehalten sein, dass Bund, Länder und Gemeinden ihre Finanzgebarung "risikoavers" gestalten und "vermeidbare Risiken" ausschließen müssen. Unter vermeidbare Risiken fallen etwa Fremdwährungskredite und die berühmten "Derivate": Das sind komplexe Finanzinstrumente, deren Werte sich vom Preis ableiten, den Aktien, Rohstoffe oder Zinssätze in Zukunft erzielen.
"Unvermeidbar" und zulässig wäre es zum Beispiel, wenn sich Zinsen von Anleihen ändern, die ein Land oder eine Gemeinde hält; oder wenn Steuereinnahmen kurz zwischengeparkt werden, bevor sie zu Steuerausgaben werden.
Eigentlich könnte es die Regeln schon seit drei Jahren geben. Es sind nämlich dieselben Vorschriften, die sich das Finanzministerium und die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur Öbfa 2009 verpasst haben. Auch bei der Öbfa brachte ein Skandal um spekulierte Steuergelder die Neuregelung erst ins Rollen. Doch der Ball sprang nicht zu den Bundesländern über.
Der damalige Finanzminister Josef Pröll wollte sie schon damals miteinbeziehen, doch diese zeigten ihm die kalte Schulter - mit gravierenden Folgen. Sollten in Salzburg tatsächlich Unterschriften gefälscht worden sein, hätte das ein Spekulationsverbot zwar nicht verhindert; es hätte Finanztricksereien aber schon vorzeitig den Boden entzogen. Im Büro von Finanzstaatssekretär Andreas Schieder ist man überzeugt, dass auch die riskante Veranlagung von Wohnbaugeldern, wie in Niederösterreich geschehen, künftig nicht mehr möglich wäre.
Werner Kogler von den Grünen bezweifelt das und wünscht sich noch schärfere Regeln. Aus seiner Sicht haben die Länder noch immer zu viel Spielraum, zu entscheiden, was Spekulation ist. Deswegen werden die Grünen am Mittwoch dem Gesetz nicht zustimmen; und sie hoffen, dass auch die FPÖ ihre Haltung noch einmal überdenkt.
Zehn Jahre zu spät . . .
Abenteuerliche Geschäfte mit Steuergeldern wie in Niederösterreich stammen noch aus einer Zeit, wo "jeder Bauer" an die Börse ging, wie es ein Waldviertler Bürgermeister treffend ausdrückte. Dieser Goldrausch ist lange vorbei, das Spekulationsverbot ist demnach eine Art nachträgliche Korrektur, die verzockte Milliarden nicht mehr zurückbringt.
Weitreichender könnte aber der zweite Teil des Spekulationsverbots sein: ein transparentes Haushaltsrecht. Wie in jeder Firma oder modernen Organisation üblich, sollen die Länder ab 2018 auf doppelte Buchhaltung umstellen. Das heißt, den Vermögenswerten werden die Schulden gegenübergestellt. So können die Finanzprüfer ersehen, ob die Werte der Vermögen durch schlechte Veranlagungen oder unerlaubte Spekulationen sinken.
Noch bis zum Wochenende hatten sich die Länder dagegen gesperrt; das ganze Spekulationsverbot stand auf der Kippe. Doch mit dem Kompromissvorschlag des Vorarlberger Landeshauptmannes Markus Wallner gelang der Durchbruch. Demnach sollen die Länder die Umstellung auf ein modernes Haushaltsrecht bis 2017 gemeinsam erarbeiten. Ursprünglich war vorgesehen, dass das Finanzministerium die Marschrichtung vorgibt.
Dort, wo alles begann - in Salzburg - ist man besonders eifrig. Die Landesregierung hat ein scharfes Spekulationsverbot schon jetzt vorweggenommen und eine Liste definiert, welche Finanzgeschäfte künftig erlaubt sind. Was nicht oben steht, ist verboten.